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Kategorie: selbst organisierte Teams (Seite 1 von 2)

Fokus und Kontext

Oft fungiere ich als Moderator von Diskussionsgruppen mit Fachkräften, die für unser innovatives Thema gut qualifiziert sind. Mir ist aufgefallen, dass es besonders jüngeren Mitarbeitern oft schwerfällt, sich einem Problem vom Großen zum Kleinen zu nähern. Noch bevor wir den äußeren Rahmen für unsere Aufgabe festgelegt haben, verirren wir uns in Details, die vielleicht gar nicht zum Tragen kommen. Liegt es vielleicht an der Art, wie wir denken? Wir verlieren den Fokus und verlassen damit den aktuellen Kontext. Es fällt uns schwer eine Gesprächsstruktur aufzubauen, an der wir uns gemeinsam entlang hangeln können.

Ist das vielleicht ein allgemeines Problem unserer informationsintensiven, schnelllebigen Zeit? Beschäftigen wir uns mit zu vielen Details und verlieren dadurch den Blick für das Wesentliche?

Denken

Von Daniel Kahneman haben wir gelernt, dass wir mit einem schnellen und einem langsamen Denken ausgestattet sind.

Das unbewusste, schelle Denken ist multitaskingfähig, hat aber eine schlechte Qualität. Dagegen gestattet das langsame bewusste Denken nur einen Gedanken (Fokusdenken), arbeitet aber deutlich besser.

Nehmen wir oft kurze Informationen ohne ausreichenden Kontext und Weiterverarbeitung zu uns, trainieren wir vorwiegend das unbewusste Denken. Versuchen wir den Hintergrund zu einer Nachricht zu recherchieren, nutzen Suchmaschine oder fragen gezielt eine AI, dann wird das bewusste Denken geschult.

Gute Entscheidungsfähigkeit, Konzentration (Fokus) und Kontexterfassung hängen vom bewussten Denken ab.

Ein weiteres Problem beim Verarbeiten von vielen emotionalen Meldungen ist das Überschreiben von schon gelerntem und fundamentalem Wissen. Bedauerlicherweise ist „Social-Media“ dafür konzipiert, den Anwender möglichst beschäftigt zu halten. Es trainiert uns in seine profitable Richtung. Unsere Gedanken, Gefühle und Motivationen werden geformt von leistungsstarken Technologien, die mit uns Geld verdienen wollen.

Rückentwicklung

Da stellt sich die Frage, ob wir uns als Informationsgesellschaft vielleicht zurück entwickeln.

Studien haben gezeigt, dass die Informations-Nutzung stark von der Herkunft der Person und den bereits bestehenden kognitiven Fähigkeiten abhängig ist.

Zurzeit scheint es noch keine konkrete Studie zu geben, die aufzeigt, wieviel Prozent einer Bevölkerung eine versierte Internet-Nutzung betreibt. Meine Vermutung ist, dass sie nur einen kleinen Teil darstellen, worauf auch eine Umfrage hindeutet. Das bedeutet dann ein noch stärkeres Auseinanderdriften unserer Gesellschaft.

Lesson learned

Wie können wir dieser Entwicklung entgegenwirken? Es scheint, als wäre der einzige nachhaltige Weg die integrale Mentalhygiene.

Sie setzt zunächst einen möglichst gesunden Körper voraus z.B. natürliche Umwelt mit reiner Luft, stressarmen Tagesabläufen, gesunder Ernährung, ausreichender Bewegung für ein gut funktionierendes Koronar- und Lymphsystem und einer effektiv arbeitende Skelettmuskulatur.

Aus den Ergebnissen kognitiver Forschung ist der Grundsatz entstanden:

„Aus den Informationen, die man in jedem Augenblick aufnimmt, entsteht die Person, die man in Zukunft sein wird“

Damit wir wieder mehr unser Fokusdenken trainieren, müssen wir darauf achten, dass wir möglichst nur Informationen mit einem persönlichen Nutzwert konsumieren. Sollte sie nützlich sein, aber sich nicht mit bestehendem Wissen verknüpfen lassen, hilft unserem Denktraining die Anreicherung durch Hintergrundinformationen bzw. Kontext.

Im Gegensatz bedeutet es aber auch den Verzicht auf die Dopamin-Kicks durch emotional aufbereitete Nachrichten, Werbung, Videos. Sie verändern unsere Persönlichkeit, verschlingen unsere Lebenszeit und verhindern nachhaltiges Denken für gute persönliche Entscheidungen. Eine Umstellung bedeutet, sich auf einen neuen Tagesablauf einlassen zu müssen (Entzug). Die Fokus-Zeiten (Zeitraum zum Bearbeiten einer einzelnen Aufgabe) sollte möglichst Ablenkungs- und Smartphone- bzw. Internetfrei gestaltet sein.  Für den restlichen Zeitraum könnte man sich auf die persönlich nützlichen Informationsquellen einigen und Zeiten einplanen für den Aufbau von Hintergrund Wissen. Zu jeder Zeit ist eine Medienberieselung zu vermeiden.

Innovationsmanagement

Meine Aufgabe war es bisher Innovationsgruppen zu helfen, selbst organisiert und agil zu werden und zu bleiben. Mittlerweile helfe ich dem Team zusätzlich, sich einen eigenen Rahmen zu entwickeln, um nie das große Ziel aus den Augen zu verlieren und fokussiert zu bleiben.

Mir fallen spontan einige Kriterien ein, nach denen ein neues Produkt zu Beginn abgeklopft werden sollte:

  • Allgemeiner Nutzen und Mehrwert für Menschen (Akzeptanz)
  • Nutzen und Mehrwert für den Kunden (Marktpotential)
  • Transparenter Footprint der Erzeugung (insb. CO2/bzw. Energie)
  • Nachhaltigkeit von verwendeten Materialien, Recyclingfähigkeit
  • Verbesserung eines bestehenden Produktes vs. disruptiver Entwicklung
  • Mechanische, elektrische und digitale Sicherheit
  • Nutzung von Normen und mögliche Zertifizierungen
  • Risiko: Kosten, Preis, Finanzierung

Aus solchen oder ähnlichen zusammengetragenen Punkten entwickeln wir dann eine grafische Übersicht (z.B. Mindmap), an die man die zunehmende Detaillierung der Innovation anknüpfen kann. Dadurch können wir trotz Fokus auf ein Detail den gesamten Kontext immer im Auge behalten.

Wert selbst organisierter Teams

 Wert von selbst organisierten Teams

Das agile Arbeiten in selbst organisierten Teams beginnt langsam in den Unternehmen Boden gut zu machen. Trotzdem sind die Vorbehalte dagegen noch massiv. Woran liegt die große Kluft zwischen den Bewertungen?

Sollte man besser wieder zurück zu bewährten Strukturen oder gibt es Mittel und Wege, das selbst organisierte Arbeiten erfolgreich voranzutreiben?

Welchen Wert haben selbst organisierten Teams?

Klassische Beurteilung

Klassische Manager nutzen als Bemessungsgrundlage ihre jahrelange Erfahrung in hierarchischen Strukturen. Sie greifen zurück auf Delegationsmethodik und altbewährte Bewertung ihrer Teams und extrapolieren ihre Erwartungshaltung. Probleme bei instanziierten Teams im eigenen Unternehmen geraten in den Vordergrund. Sie sind häufig gemischt besetzt mit externen oder neuen Mitarbeitern und eigenen Experten, die vorher hierarchisch gearbeitet haben. Das Team wird unzureichend mit Kompetenzen ausgestattet.

Das führt zu Kritikpunkten wie:

  • Fehlende Zielrichtung: Ohne Anleitung und Hierarchie haben selbst organisierte Teams Schwierigkeiten sich Ziele zu setzen und Prioritäten festzulegen
  • Konflikte: Ohne klare Führung zur Schlichtung von Streitigkeiten kommt es in selbst organisierten Teams zu Konflikten zwischen den Teammitgliedern.
  • Fehlende Rechenschaftspflicht: Ohne eine klare Befehlskette ist es schwierig, die Teammitglieder für ihre Handlungen und Entscheidungen zur Rechenschaft zu ziehen.
  • Schwierigkeiten bei der Skalierung: Selbstorganisierte Teams haben Schwierigkeiten, Effektivität zu sein, wenn sie größer werden.
  • Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten: Ohne definierte Rollen und Verantwortlichkeiten sind Teammitglieder unsicher, was von ihnen erwartet wird.
  • Mangelnde Übersicht: Ohne einen klaren Leiter haben selbst organisierte Teams nicht die Übersicht, die sie benötigen, um Probleme zu identifizieren und anzugehen.
  • Eingeschränkter Zugang zu Ressourcen: Selbstorganisierte Teams haben nicht denselben Zugang zu Ressourcen und Unterstützung wie Teams mit einer klaren Führungskraft und Hierarchie.

hierarchical structure

Natürlich könnte hier erwidert werden, dass diese Nachteile durch eine klare Bemessungsgrundlage für die Ergebnisse, klare Rollen und Verantwortlichkeiten sowie regelmäßige Kommunikation und Feedback gemildert werden können. Selbstorganisierende Teams benötigen eine unterstützende Organisationskultur und die richtigen Tools und Prozesse, um erfolgreich zu sein.

Optimistische Beurteilung

In psychologischen Studien wird zur Bewertung von selbst organsierten Teams häufig mit qualifizierte Studenten-Teams experimentiert, die noch keine Struktur kennengelernt haben. Sie sind unbeeinflusst, hoch motiviert und erreichen deshalb überdurchschnittliche Ergebnisse.

Auch die Leistungen von selbst organsierten Spezial-Teams, die sich auf dem Markt anbieten, liegen häufig deutlich über dem Durchschnitt. Deshalb werden sie gerne als Beweis für die Leistungsfähigkeit benutzt.

Aus ihnen leiten sich folgende positive Aspekte ab wie:

  • Erhöhte Autonomie: Selbstorganisierte Teams haben die Freiheit, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihre Arbeit zu übernehmen. Dies führt zu erhöhter Motivation, Engagement und Arbeitszufriedenheit bei den Teammitgliedern.
  • Verbesserte Kommunikation: Selbstorganisierte Teams haben eine offenere und transparentere Kommunikation, was zu einer effizienteren Problemlösung und Entscheidungsfindung führt.
  • Schnellere Entscheidungsfindung: Ohne Hierarchieebenen können selbst organisierte Teams schneller Entscheidungen treffen und Maßnahmen ergreifen.
  • Mehr Flexibilität: Selbstorganisierte Teams sind in der Lage, sich schnell an Veränderungen anzupassen und unerwartete Situationen effektiv zu bewältigen.
  • Bessere Leistung: Selbstorganisierte Teams sind produktiver und effizienter, da sie in der Lage sind, die Stärken und Fähigkeiten einzelner Teammitglieder zu nutzen.
  • Innovation: Eine Kultur des Experimentierens und Lernens wird in selbst organsierten Teams gefördert, das führt zu neuen Denkweisen und gesteigerter Kreativität.
  • Bessere Übernahme von Verantwortung: Selbstorganisierte Teams sind für ihre eigenen Erfolge und Misserfolge verantwortlich, dadurch identifizieren sie sich mit ihren Ergebnissen und entwickeln Eigenverantwortung.
  • Bessere Abstimmung: Selbstorganisierte Teams arbeiten auf gemeinsame Ziele hin, das führt zu einer besseren Abstimmung zwischen den Teammitgliedern und einer verbesserten Koordination in der gesamten Organisation. 

Welchen Wert haben selbst organisierten Teams?

Auch hier kann dagegen gehalten werden, dass selbst organisierte Teams nicht für alle Organisationen oder Situationen geeignet sind und dass sie ohne eine unterstützende Organisationskultur und richtige Tools und Prozesse nicht erfolgreich sein können.

Team erfolgreich instanziieren

Der Erfolg eines Projektes hängt zum größten Teil von den Personen ab, die dafür rekrutiert werden. Klassische HR-Verfahren sind dafür denkbar ungeeignet und es haben sich noch nicht viel Erfahrungswerte angereichert, deshalb bieten sich einige Grundsätzlichkeiten als Orientierungshilfe an.

Die wichtigsten Eigenschaften eines Team-Members in einem selbst organisierten Team ist die Fähigkeit zur Selbstorganisation und Aufgeschlossenheit. Wenn sie nicht beide erfüllt sind, kommt ein Einsatz im Projekt nicht infrage.

Doch die Bewertung dieser beiden Fähigkeiten bei einem ersten Kontakt mit diesem Menschen ist schwierig.

  • Assessments: Fragbogen, mit dem die die Bereitschaft einer Person untersucht werden kann, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen, ihre Fähigkeit, sich an neue Ideen anzupassen und ihre Fähigkeit, kritisch zu denken.
  • Leistungsmetriken: Person in verschiedene berufliche Situationen bringen und um eine Reaktion darauf bitten. Vorher festgelegte Metriken zur Messung des Verhaltens einer Person geben Aufschluss darüber, wie sie in verschiedenen Situationen in der Lage sind verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen, sich an neue Ideen anzupassen und kritisch zu denken. (Bewertung durch Menschen würde das Ergebnis verzerren!)
  • Interviews: Die Person nach ihren Methoden fragen, um organisiert zu bleiben und die Arbeitsbelastung zu bewältigen. (Interviews haben sich besonders hier aufgrund der eigenen kognitiven Verzerrungen des Interviewers als wenig nützlich erwiesen)
  • Aktiv Videos: Die psychologische Forschung stellt Aktiv-Videos bereit. Es wird die Entwicklung einer bestimmten Projektsituation gezeigt und dann angehalten. Der Proband muss dann innerhalb einer kurzen Zeitspanne eine Aktion starten oder eine Entscheidung fällen. Die Bewertungen dieser Szenarien sind vorher ausgearbeitet. (gute, schnelle Ergebnisse, weil keine Antizipation möglich und keine kognitive Verzerrung des Interviewers)

Welchen Wert haben selbst organisierten Teams?

Ein stark unterschätzter Erfolgsfaktor ist die Diversifikation von Skills und Persönlichkeiten der Mitarbeiter. Das führt zu einer Analyse der Projektziele aus verschiedenen Blickwinkeln. Dadurch entwickelt sich das Produkt wesentlich zielgruppenorientierter und nachhaltiger.

Deshalb beginnt es schon bei der Stellenausschreibung, die das Projektziel in den Vordergrund und die erforderlichen Skills nur grob umreißen sollte. Dadurch werden deutlich mehr Kandidaten angesprochen und es bewerben sich interessante Menschen.  

Hinweis: Erfahrene Mitarbeiter aus der hierarchischen Struktur des Unternehmens sollten dem Team nur als Berater zur Verfügung gestellt werden, nicht als Team-Member.

Bewertung Projektergebnisse

Eine klare und messbare Möglichkeit, um die Leistung des Teams zu bewerten, misst etwas Wertvolles und Informationen, die wertschaffende Maßnahmen ermöglichen. Sie sollte vom selbstorganisierten Team zusammen mit den Kunden (intern od. extern) entwickelt werden. Anschließend wird sie mit den Zielen und Vorgaben der Organisation abgeglichen.

Die Messung der Kundenzufriedenheit kann ebenfalls Aufschluss darüber geben, wie gut das Team die Bedürfnisse seiner Kunden erfüllt.

Eine weitere Messgröße ist die Weiterentwicklung des Projektzieles, eine wesentliche Aufgabe des Teams. Wenn das Ergebnis einen hohen Kundenwert haben und nachhaltig sein soll, ist eine ständige Anpassung (in Abstimmung mit Kunden/Stakeholdern) nach Evaluation der Zwischenergebnisse sehr wichtig (responding to change over following a plan).  

Die Bewertung sollte sich an einem messbaren Wert der Ergebnisse des gesamten Teams orientieren. Die Bewertung von Epic-Points für User-Stories o.ä. sollte die gewünschte Entwicklungsrichtung verbessern und ebenfalls mit den Kunden abgestimmt sein.

Welchen Wert haben selbst organisierten Teams?

Bewerten von Einzelperformance ist unsinnig, weil sie die komplexe innere Teamdynamik außer Acht lässt. (z.B. berücksichtigt eine Messung von abgeschlossenen Epic/Story-Points pro Team-Member nicht die kommunikativen und planerischen Aspekte der Person und führt dazu, dass sich das Team nicht länger als Team verhält, sondern jeder nur auf die Jagd nach Epic-Points geht)

Hinweis: Externe Manager sind ungeeignet aufgrund von eigenen kognitiven Verzerrungen (unbewusste negative Bewertung von Abweichung der eigenen Arbeitsweise).

Konklusion

Die Antwort auf die Frage „zurück zu bewährten Strukturen oder das selbst organisierte Arbeiten erfolgreich voranzutreiben?“ hängt wie erwartet von den Rahmenbedingungen ab.

Zu Beginn sind die Personen entscheidend, die das Projekt selbst organsiert durchgeführt haben wollen. Sie müssen wissen warum es von Vorteil ist und von dem Ansatz überzeugt sein.

Dann benötig man Menschen, die Erfahrung mit der Besetzung von selbst organsierten Teams haben und über neutrale Methoden verfügen, die Aufgeschlossenheit und Selbstorganisation beim neuen Mitarbeiter zu garantieren.

Welchen Wert haben selbst organisierten Teams?

Die richtigen Personen an Bord zu bekommen ist der wichtigste Baustein zum Projekterfolg. Daraus ergibt sich der eigentliche Wert eines selbst organsierten Teams.

New Work <-> New Brain

New Work New Brain

Warum hat es so lang gedauert, bis hierarchische Strukturen im Management in Frage gestellt wurden und sich die agile Arbeitsweise durchzusetzen begann? Die Begründung liegt verborgen in der Art, wie sich das Denken in den letzten Dekaden verändert hat. New Work New Brain.

Der Anteil der Hochschulabsolventen in Deutschland hat sich in den letzten 40 Jahren verdoppelt. In den meisten Berufen sind die Qualifikationsanforderungen gestiegen, neue anspruchsvolle Berufe sind entstanden. Auch der Alltag ist durchdrungen mit anspruchsvollen Technologien und komplexen Wirkungsketten. Schon wie zu Beginn der „industriellen Revolution“ in Deutschland vor gut 200 Jahren steigt der industrielle und gesellschaftliche Druck zu mehr Bildung, das bedeutet heute aber zu mehr hoch qualifizierten Abschlüssen wie z.B. akademische Grade.

New Work

Der Begriff „New Work“  steht für Selbstständigkeit, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit bei der Verrichtung von Arbeit. Er wurde seit seinem Erscheinen in den frühen 80ern weiterentwickelt und unterstützt von diversen Forschungen über menschliches Verhalten. Daraus entwickelten sich wie unter anderem in der Selbstbestimmungstheorie gezeigt, die psychologischen Grundbedürfnisse der Motivation wie soziale Eingebundenheit (Zugehörigkeit, Sicherheit), Autonomie und Zweckbestimmung und aufgrund der heutigen Aufgabenkomplexität auch Kompetenz.

beachwork

Die Motivation ist der Schlüssel für hoch produktive, agile Teams. Nur lässt sich der Zustand des Hyperfokus, Schaffensrausch oder auch „Flow“ erreichen. Diesen positiv empfundenen mentalen Zustand der Konzentration lässt eine Person vollständig in einer Aufgabe aufgehen.

Damit Menschen im beruflichen Umfeld in einen Flow-ähnlichen Zustand kommen und zielgerichtete Ergebnisse liefern können, kommt Selbstverantwortung ins Spiel.

New Brain

Was bringt eine Gruppe von Menschen dazu, selbstorganisiert und intrinsisch motiviert ein Projekt für ein Unternehmen durchzuführen und schließlich zu einem positiven Ergebnis zu bringen? Jeder Einzelne benötigt ein hohes Maß an Sachverstand, Kommunikationsfähigkeit, Selbstkontrolle und muss in der Lage sein, Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen.

Was hat das nun mit Denken zu tun? Für Selbstkontrolle und emotionaler Kontrolle ist der bewusste Teil unseres Gehirnes zuständig. Der liegt im vorderen Teil unseres Neokortex, im Stirnlappen oder auch präfrontalen Kortex genannt. Hier werden uns unsere unbewusst entstehenden Gedanken bewusst und wir können sie bewerten, umdeuten oder verwerfen. Genau wie bei unserer Muskulatur gilt: je besser trainiert unser Gehirn ist (Anzahl der Neuronen, der Verbindungen zwischen den Neuronen und der Astrozyten) umso besser können wir uns kontrollieren.

New Work New Brain

Auch die Verantwortungsfähigkeit hängt von der Fitness unseres Gehirns ab. Beginnen wir mit der Qualität einer einzelnen Entscheidung. Sie ist abhängig von der zur Verfügung stehenden selbstbestimmten Zeit (je länger man über etwas nachdenken kann umso besser) und den bisherigen Erfahrungen inklusive unseres Wissens zu dem Entscheidungsthema (je mehr Erfahrung und Wissen umso besser).

Handlungsaktivitäten sind nur eine Reihe von Einzelentscheidungen, die in einem kausalen Zusammenhang stehen und zu einer Aktion führen. Deren Qualität ergibt sich vorwiegend aus der Summe der Qualitäten der dazu erforderlichen Entscheidungen.

Und schließlich entspricht die Summe der Qualitäten einzelner Handlungen der Verantwortungsqualität.

Selbstkontrolle und Verantwortungsfähigkeit hängen also direkt von der Fitness unsers Gehirns ab. Die Dosis und die Art von Bildung in Form von aktivem Wissenszuwachs kann man sich vorstellen als die Größe der Hantel, mit der man trainiert.

Konklusion: New Work New Brain

Mehr intensive Lernaktivitäten führen zu mehr kognitiver Fitness. Mit zunehmender Intelligenz von Mitarbeitern „New Brain“ steigt die Notwendigkeit, die freiheitlichen Arbeitsbedingungen von „New Work“ zu etablieren. Damit sind wir auf dem Weg, das Menschen wieder zufriedener mit und bei ihren Tätigkeiten werden und hin und wieder auch in den „Flow“ kommen. Das steigert die Kreativität und Produktivität.

Innovatives Streiten

Streit

Eine Gruppe von Menschen dazu zu bringen, einen Sachverhalt innovativ zu durchleuchten benötigt keinen Moderatorenkoffer oder ein Methodenfeuerwerk. Meist reicht schon ein innovatives Streiten.

Kompetente Spezialisten sind eigenständig in der Lage die Rahmenbedingungen für ein zu entwickelndes neues Produkt oder eine innovative Dienstleitung selbstständig zu strukturieren. Viele wissenschaftliche Arbeiten seit der Selbstbestimmungstheorie haben die außergewöhnliche Produktivität und Kreativität autonomer Gruppen bestätigt.

Innovationsprozess

Die anschließende Brainstorming-Phase zur Ideenfindung ist schon vom Wesen her regellos und hat keinerlei Einschränkungen.

Die eigentliche Arbeit beginnt bei der Evaluierung. Welche Ideen können zusammengefasst werden, welchen Erfolg könnten welche Realisierungen versprechen.

Für diesen Teil des Innovationsprozesses eignet sich ein Streitgespräch und das funktioniert verblüffender Weise besonders gut. Ein Streit wird hier verstanden als das konstruktive Austragen unterschiedlicher Ansichten zwischen den teilnehmenden Personen.

Im Gegensatz zu einer sachlichen Diskussion sind bei einem Streitgespräch deutlich mehr Emotionen im Spiel. Hier werden Positionen bezogen und verteidigt. Dadurch entsteht eine realitätsnähere Sicht auf denkbare Ergebnisse und das wirkt sich positiv auf die Qualität.

Innovatives Denken

Diskussion

Jeder Mensch verfügt beim Denken über sein individuelles Realitätsmodell. Es hat sich im Laufe des Lebens gebildet durch Erfahrungen mit seiner Umgebung, den Beziehungen zu den umgebenden Menschen und den Ereignissen. Die Intensität der Speicherung und die Verzerrung der Informationen wird bestimmt durch Emotionen.    

Damit hat man zwar eine qualitativ schlechte Informationsbasis (abgesehen von Wissen, dass über 10Th erarbeitet wurde) aber dafür einen eigenständigen Blickwinkel.

Nachdem sich nun die unterschiedlichen Positionen manifestiert haben, sollten die Teilnehmer die jeweils andere Position annehmen und verteidigen. Dadurch kann sich jeder in alle erarbeiteten Positionen versetzen.

Die Teilnehmer wurden vorher instruiert in die kognitionswissenschaftlichen Erkenntnisse bezogen auf unterbewusstes und bewusstes Denken, kognitiven Verzerrungen und bekamen ein Training zu deren Kontrolle.   

Verantwortlich Ansichten äußern

Ein Eindruck eines Menschen in einer Situation bildet sich in den ersten 100ms völlig unbewusst. Daran können wir zwar nichts ändern, doch wir können eine unkontrollierte Äußerung unterdrücken. (Fight the first impression)

Lass den unbewussten Eindruck erst bewusstwerden und finde mindestens zwei gegenteilige Argumente. (Jump to the other side)

Wenn es deutlich wird, dass eine Situation Vorurteile hervorgerufen hat, sollte man sie umgehend mit einem gegenteiligen Bild überschreiben. Dann befinden sich beide Bilder im Arbeitsgedächtnis und die weitere Argumentation ist deutlich sachlicher. Das muss jedoch trainiert werden, sowohl die Erkennung als auch die Überschreibung. (Define your inner focus)

(siehe auch Rationalität hilft Kreativität)

Auch für Teilnehmer einer Innovationsgruppe gilt wie gehabt konzentriert zuhören, andere ausreden lassen, gelassen, respektvoll, so weit möglich sachlich bleiben, nie eine Person angreifen (wenn dann nur die Sache).

Milestones sind Gift!

Nach all den wissenschaftlichen Erkenntnissen und der schon lange anhaltenden Modewelle der Agilität gibt es immer noch Unternehmen, die komplexe Aufgaben auf akademischem Niveau mit Milestones oder Meilensteinen versehen.

agile Arbeitsweise

Mit einem Milestone wird ein Projektverlauf in vorher festgelegte, überprüfbare Teilziele aufgeteilt. Das bedeutet die gesamte Aufgabe muss vor Beginn genauestens geplant werden. So eine Planung würde einen Spezialisten mit tiefem Wissen über die Aufgabe und ihrer Rahmenbedingungen voraussetzen. Er müsste aber auch hochqualifiziert in der Technologie der Umsetzung sein. Jeder kleineste Schritt müsste vorhergesehen und geplant werden. Außerdem müsste er vorausahnen, wie der Auftraggeber seine Wünsche genau umgesetzt haben möchte. Es gibt nur sehr selten solche hoch kompetenten Mitarbeiter. Aber auch dann würde er idealerweise seine Planung an eine Maschine übergeben, die die einzelnen Entwicklungsstufen motorisch umsetzt.

Die Übertragung von determinierten Aufgaben an ein Team von intelligenten Menschen ist in der Vergangenheit üblicherweise gescheitert. Selbst bei einfachen Tätigkeiten ist man davon abgekommen, manche erinnern sich noch an den Begriff „Taylorismus“.

Motivation

Menschen entwickeln eine Eigendynamik und die ideale Vorgehensweise prägt sich erst im Verlauf der Produktentstehung heraus. Aus den vielen Forschungen wurde als bestes Arbeitsumfeld für geistige Tätigkeiten die eine hohe Kompetenz voraussetzen „soziale Eingebundenheit/Sicherheit“ und „Autonomie“ herausgearbeitet (z.B. Selbstbestimmungstheorie). Es entsteht Motivation und damit verbessert sich die Arbeitsqualität deutlich. Autonomie ist die freie Gestaltungsmöglichkeit von Zeit, Ort und Ressourcen.

Bei Vorgaben durch Milestones versucht das Team sie nur noch abzuarbeiten, unabhängig davon, ob dadurch die Qualität leidet oder die Aufgabe auf diesem Weg gar nicht zu lösen ist. Zwei Drittel der Projekt sind in den 90zigern Jahren daran gescheitert.

devops

Mir gefällt der Begriff agil nicht, weil er mittlerweile mit vielen falschen Vorstellungen verbunden ist. Es wäre besser es als „normal“ oder „menschengerecht“ zu bezeichnen.

Vertrauen

Als seinerzeit die IT als Erste die Umstellung von Wasserfallprojekten zu agiler Arbeitsweise vollzog, hatten die Auftraggeber zunächst Bedenken bezüglich der Qualität, Investitionssicherheit und Kostenkontrolle.

Das Geheimnis aber lag in dem Vertrauen, das durch autonome Arbeit aufgebaut werden konnte und das Konzept der zyklischen Arbeit. Nach jedem Intervall (zw. 2 u. 4 Wo.) kann der Auftraggeber den aktuellen Stand seines Produktes begutachten und bekommt eine lauffähig Fassung des aktuellen Programmstandes. So kann er unmittelbar die weitere Entwicklung beeinflussen oder wenn ihm der Fortschritt nicht ausreicht das Projekt auch jederzeit stoppen.

Auf der anderen Seite kann ein Team die notwendigen Ressourcen, Ort und Zeit frei auswählen, dadurch den effektivsten Weg einschlagen und bekommt in kurzen Abständen ein Feedback vom Kunden. Bei einer positiven Rückmeldungen wird das Selbstwertgefühl jedes Einzelnen gestärkt. Die bisherigen Methoden sind zwar noch nicht perfekt, haben aber die Erfolgsquote um ein Drittel erhöht und die Ergebnisqualitäten sind deutlich gestiegen.

Es bleibt noch zu erwähnen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen für komplexe geistige Arbeit auch die Umstellung von Werk- zu Dienstverträgen für freiberufliche, geistige Tätigkeiten zur Folge hatte.

Dream-Team

Dreamteam

Wie lassen sich geeignete Kandidaten zusammenstellen, die zu einem Dream-Team zusammenwachsen und scheinbar unlösbare Aufgaben bewältigen?

Zur Entwicklung eines Luxusautos mit Elektroantrieb wurden Kandidaten für ein Innovationsteam rekrutiert. Wie gewohnt stellte die HR-Abteilung gemeinsam mit Fachabteilungen eine Liste mit den erforderlichen Qualifikationen zusammen und begann wie gewohnt zunächst in den eigenen Reihen nach den geeigneten Fachkräften zu suchen.

Doch weil sich der Markt stark im Umbruch befindet, empfahl das Management das Hinzuziehen eines Innovationsspezialisten. Beginnend mit der Frage „wie erreicht ein Team die maximale Innovationsfähgikeit?“ zäumte er das Pferd von hinten auf.

Ziel

unmöglich

Die groben Rahmenbedingungen für das fertige Produkt wurden deshalb als spannende Herausforderung zugespitzt. Damit konnte sich jeder potentielle Kandidat auseinandersetzen und einschätzen, ob er sich die Aufgabe zutraut und sich dafür begeistern kann.

Im konkreten Fall war es die unmögliche Forderung nach einem emissionsfreien Fahrzeug mit mindestens 500km Reichweite und einem Gewicht von nicht viel mehr als einer Tonne. Trotzdem sollte es den modernen Komfort eines Luxus-PKW enthalten wie z.B. zeitgemäße autonome Fahreigenschaften, großzügige und bequeme Sitze, ausgewogenes Klima, ausreichend Stauraum, hochmoderne Medien- und Entertainmentausstattung etc.

Flow

Wie formt man also unterschiedliche Menschen zu einem effektivem Team? Das Stichwort hieß „intrinsische Motivation“ und die Antwort schien zunächst sehr einfach:

  • Jeder im Team sollte in seinem persönlichen „Flow“ (Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch) arbeiten können, jeder sollte restlos in seiner Tätigkeit aufgehen können.

Intrinsische Motivation entsteht bei der Verfolgung eines gemeinsam angestrebten Zieles durch Kompetenz (Wissen, Fähigkeiten), Zugehörigkeit und Autonomie. (Selbstbestimmungstheorie)

Skills

Fähigkeiten

Das zur Erreichung technologisch komplexer Ergebnisse spezialisiertes Wissen und Fähigkeiten erforderlich sind, versteht sich von selbst. Das lässt sich durch die Dokumentation der universitären Ausbildung einfach ermitteln. Hier gilt der Grundsatz „the B’s rules the A‘s“, das bedeutet es sind nicht die als Beste bewerteten Spezialisten zu bevorzugen, sondern die „Guten“ mit einer breiteren Lebensausrichtung. Sie sind in aller Regel „aufgeschlossen“ und „zielstrebig“.

In der Meta-Analyse von Frank Schmidt und Jack Hunter vor einem halben Jahrhundert haben sich klassische Interviews als nutzlos erwiesen, deshalb werden sie heute vielfach ersetzt durch ein gegenseitiges Kennenlernen. Es ist sehr interessant zu erfahren über welches Thema der Anwärter gerne philosophiert, wie er Energie tankt, wodurch er sich inspirieren lässt, welche Bücher er gerne liest, welche Pläne er für sein weiteres Leben hat, wie er zur Natur steht etc.

Die Anforderung einer hohen „Domänenkompetenz“ (Spezial-Wissen für ein gegebenes Ziel) wird ersetzt durch lediglich eine „Domänenaffinität“ (großes Interesse an dem gegebenen Ziel). Menschen, die zulange in einem Spezialgebiet gearbeitet haben, verlieren häufig den Blick auf die sich ändernden Umgebungsbedingungen. Trotzdem bleibt die Erfordernis, sich für das gemeinsame Ziel begeistern zu können!

Zur Team-Kompetenz gehört auch die Diversifikation der Fähigkeiten und idealerweise auch der Menschen. Damit die heute sehr wichtigen umweltbezogenen Belange berücksichtigt werden können, sind vor allem auch Material-, Fertigungs- und Energiespezialisten mit einzubinden. Zur Ermittlung von statistisch relevanten Kundenwünschen wurde in diesem Fall sogar ein Psychologe hinzugezogen, der sehr außergewöhnliche Erkenntnisse beisteuern konnte.

Team-Manager

Die Entscheidung über Zeiträume und Orte an denen gearbeitet wird, sollte allein den Team-Mitgliedern überlassen werden. Im Zeitalter der „Agilität“ ist die Entkopplung des gesamten Teams von anderen Einflüssen des Unternehmens glücklicherweise mittlerweile selbstverständlich. Der Team-Manager versteht sich als Dienstleister für das Team. Er stellt sich vor das Team wenn es nicht gut läuft und tritt hinter das Team zurück, wenn die Leistung Anklang findet. Mit seiner Qualifikation sollte er die Produktentstehung durch sein Team vollständig verstehen können. Reine Reportschreiber und Datensammler haben sich als negativer Einfluss herausgestellt.

Ergebnis

In dem beschriebenen Fall konnte ein hervorragendes internationales Team zusammengestellt werden, dem es bis jetzt gelang, die scheinbar unmöglichen Anforderungen größtenteils in den Griff zu bekommen.

Dadurch das schon beim Design an die Fertigung gedacht wurde, konnten Prozesse zusammengefasst werden. Ein extra dafür entwickelter energiesparender Prozess druckt jetzt eine gut gedämmte, doppelwandige Hülle aus einem karbonähnlichen Material mit innerer Wabenstruktur. Auf der Außenseite der Schale befinden sich hochwirksame Solarzellen und im Inneren die zugehörigen kupferfreien elektrischen Verbindungen. Intelligente Scheiben isolieren im Winter gegen Kälte, im Sommer verhindern sie das Eindringen von Hitze. Motorfreie automatische Fensterheber,  extrem leichte aber sehr bequeme Sitze oder Gewichtsersparnis bei Motor und Batterien sind nur einige der vielen Resultate des zusammengewachsenen Dream-Teams.

Die Fülle von völlig neuen Ansätzen und mittlerweile eingereichten Patenten durch ein hoch motiviertes Team hat die Unternehmensleitung angenehm überrascht.

Die moderne Art der Rekrutierung, in der der Kandidat und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt werden, beginnt sich gerade bei innovativen Aufgabenstellungen durchzusetzen.

SCRUM ist nicht agil!

Es begann mit einer guten Idee Anfang der neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der herkömmliche Software-Entwicklungsprozess erwies sich als wenig effektiv. Neue flexiblere (agil) Methoden versprachen da Abhilfe. Deshalb erschuf man unterschiedliche Lernwerkzeuge, mit denen klassisch arbeitende Teams in kleinen Schritten zu hoch produktiven, selbst organisierten Gruppen transformiert werden sollten. Wie schon in vielen anderen Kontexten, wurden einige dieser Verfahrensweisen im Lauf der Zeit in eine Art Dogma überführt. Damit konnte mit Schulungen und Zertifizierungen viel Geld verdient werden. In Deutschland hat sich vor allem SCRUM durchgesetzt.

devops

Entstehung

Dieses agile Framework entstand in einer Zeit, in der das Wissensmanagement in japanischen Universitäten entwickelt wurde. Zu den Produktionsfaktoren KapitalArbeit und Material kam Wissen (innerhalb des Unternehmens) hinzu.

In japanischen Fabriken zeigte sich, dass dort wo mit explizitem, menschlichem Wissen gearbeitet wurde, ein hohes Optimierungs- oder Automatisierungspotential bestand. Deshalb bemühte man sich, explizites Wissen in Prozessdokumentationen festzuhalten. Implizites Wissen dagegen verlangte nach mehr Selbstorganisation. Eine konsequente, zeitgemäße Umsetzung fand im Toyota Production System (TPS) statt. Weltweit wurde versucht, es zu kopieren. Selbstorganisation bekam zum ersten Mal einen Stellenwert.

Der Begriff „Wissen“ wurde unterteilt in „explizit“ (kann beschrieben und in Dokumenten oder Datenbanken festgehalten werden) und „implizit“ (nicht speicherfähig, hoch komplexes Expertenwissen mit geringer Gültigkeitsdauer).

Etwas zur selben Zeit schaute man bewundernd auf die Erfolge einiger jungen, hoch qualifizierten Teams, die scheinbar ohne formales Vorgehen in kurzer Zeit qualitativ hochwertige Software lieferten. Dem Kunden lieferte das Team frühzeitig ein nutzbares Produkt, das nach kurzen Zeitintervallen weitere nützliche Funktionen hinzugefügt bekam. Der Kunde konnte so den Gegenwert seiner Investition ständig wachsen sehen. Diese Arbeitsform wurde bekannt als „extreme programming“ (XP).

Die Entwickler dieser Methodik hatten erkannt, dass Software-Entwicklung ein Team mit spezialisiertem „impliziten“ Expertenwissen voraussetzt. Teamarbeit, Offenheit und stete Kommunikation zwischen allen Beteiligten rückte in den Vordergrund.

Die bekanntesten Software-Experten ihrer Zeit bekannten sich auf einem Zusammentreffen zu einer gemeinsamen Veröffentlichung von Richtlinien zu diesem Thema. Es entstand das „Agile Manifesto“, dass Formalismus durch Kommunikation und Selbstorganisation ersetzen sollte.  

Zwei der Unterzeichner des Manifests entwickelten dann mit der Methode SCRUM das heute bekannte, pragmatisches Framework, das Teams zu Selbstorganisation hinführen sollte. Dazu adaptierten sie die Zyklen aus XP und nannten sie SPRINT. Das SCRUM-Product-Backlog ist die Zusammenfassung der User-Stories aus XP. Zur Visualisierung der Aufgaben während des SPRINT wurden Elemente aus dem KANBAN-Board (Lean-Management, TPS) weiterentwickelt.

Agil

Die höchste Produktivität, Zufriedenheit und Agilität erreicht ein Team, wenn die Mitglieder einen mentalen Zustandes völliger Vertiefung (Konzentration) und restlosen Aufgehens in ihrer Tätigkeit (Absorption) erreichen. Man nennt diesen Schaffensrausch „Flow“ (Mihály Csíkszentmihályi).

agile person

In diesem Zustand erreicht ein Mensch ein Maximum an Kreativität, Problemlöseverhalten und Durchhaltevermögen. Er braucht dafür keine zusätzliche Energie aufzuwenden, fühlt sich wohl und stressfrei.

Um das zu erreichen, muss ein Mensch hoch „motiviert“ sein. Die Motivation hängt zunächst davon ab, ob man sich mit dem gemeinsamen Ziel identifizieren kann. Dann müssen die drei psychologischen Grundbedürfnisse nach Kompetenz (Wissen, Fähigkeiten), sozialer Eingebundenheit (anerkannte Stimme im Team) und Autonomie (selbstbestimmt bei Art der Arbeit, gewähltem Ort, Umgebung und Zeit) befriedigt worden sein (Selbstbestimmungstheorie von Deci/Ryan).

Die heutigen innovativen Projekte bzw. Produkte sind aufgrund ihrer Komplexität und der schnellen technologischen Entwicklung grundsätzlich nicht mehr mit einer rationalen Struktur beherrschbar. Deshalb wird es zunehmend erforderlich auf das Konzept der „spontanen Ordnung“ (Friedrich August von Hayek) zu setzen:

Wenn sich kompetente Menschen, die in gegenseitiger Wertschätzung miteinander verbunden sind mit einem gegebenen Projekt-Ziel, -Zweck identifizieren können, finden sie autonom Wege iterativ zu einem strukturierten Projekterfolg zu kommen (evolutionäres Management).

Wieviel SCRUM braucht der Mensch?

Wenn „Agilität“ ein hohes Maß an Autonomie und Selbstorganisation voraussetzt, dann bedeutet jede Art von vorgegebener Rahmenbedingungen (z.B. SCRUM) eine Einschränkung der Eigenständigkeit der Gruppe. Auf Dauer werden dadurch hochwertige Entwicklungspotentiale unterdrückt.

Um produktiv in einem selbst organisierten Team agil zu arbeiten und seine Team-Member wertschätzen zu können, ist die Mentalität „aufgeschlossen“ oder „open minded“ erforderlich. Es beschreibt die Eigenschaft, gerne etwas neues Lernen zu wollen, „wissbegierig“ zu sein, bereit sein mental zu wachsen, neue Blickwinkel einnehmen zu können und andere Ansichten zu respektieren. Nicht zu verwechseln mit „extrovertiert“.

agile human

Menschen aus organisatorisch geführten Arbeitsverhältnissen haben diese Eigenschaft häufig verlernt und benötigen deshalb ein Guiding in Richtung „open mind“ und zu autonomen Verhalten.

Für diese Aufgabe und zur Überführung in die Selbstorganisation sind die Frameworks durchaus ein probates Hilfsmittel. Für eine Weile kann es deshalb durchaus Sinn machen, das ein versierter SCRUM-Master die Gruppe trainiert. Bei falscher Anwendung besteht die Gefahr, dass einfach nur eine alte Struktur ersetzt wird mit dem neuen Framework. Damit werden die Vorteile agilen Arbeitens verschenkt. Sobald sich die Selbstorganisation beginnt einzustellen, sollte es der Gruppe überlassen werden, wie sie sich organisieren möchte. Das bedeutet angelehnt an SCRUM, Rollen wie Product-Owner oder SCRUM-Master sollten an eine Person innerhalb des Teams vergeben werden. Das Team vergibt diese Rollen möglichst demokratisch und iterativ.

Ob jemand ein guter Integrator ist, hängt sicher nicht von einer Zertifizierung ab. Alle notwendigen Dokumentationen für Arbeiten mit SCRUM, sei es als SCRUM-Master oder Product-Owner, kann man kostenlos nachlesen auf deren Website.

Ein guter Mentor, Moderator, Coach, Manager schafft Vertrauen. Das erreicht er durch Wertschätzung, Aufrichtigkeit, Transparenz und der Bereitschaft, sich in den Dienst seiner Gruppe zu stellen und deren Entscheidungen zu akzeptieren. Man könnte auch sagen er ist eine freundliche, authentische Person. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass dazu ein gewisses Intellekt notwendig ist.

Kreativitätsmethoden?

Pencil_team

In der Literatur findet man unzählige Kreativitätstechniken die als Heilsbringer zur Förderung von Innovationen beworben werden.

In den vergangenen Jahren habe ich den Einsatz dieser klassischen Methoden zurück gefahren, weil sich die Rahmenbedingungen von Innovations-Projekten verändert haben.

Man kann davon ausgehen, dass gute Ideen selten spontan entstehen, sondern sich erst entwickeln müssen. Damit Zielvorgaben schöpferisch oder gestalterisch erreicht werden können, ist eine Gruppe von offen denkenden Menschen mit Begabungen, Wissen und Fertigkeiten, idealerweise mit unterschiedlichen Spezialisierungen oder Fachgebieten, erforderlich.

In einem agilen Innovations-Team entsteht genügend Kreativität sowohl zur Ideenfindung als auch zur Strukturierung und Bewertung ihrer Lösungsalternativen.

Um die Wichtigkeit des Teams gegenüber den Kreativitätsmethoden aufzuzeigen, benutze ich eine sehr grobe Beschreibung des Innovations-Entstehungsprozess.

Teambildung

Hat man den Auswahlprozess der Mitarbeiter erfolgreich gemeistert gilt es intrinsische Motivation aufzubauen.

In meinem Projekt-Initiierungs-Workshop trifft das Team zum ersten Mal aufeinander. Bevor wir uns gegenseitig vorstellen wird kurz der Zielkorridor vorgestellt. Die Ziele sind natürlich vorher mit dem Auftraggeber abgestimmt und dokumentiert worden.

Anschließend begeben wir uns in die Natur und laufen ohne elektronische Geräte durch einen Park, Wald, an einem See entlang oder über Felder. Solange es sich gut unterhalten lässt, ist die Laufgeschwindigkeit angemessen. Zu langsames Laufen, Stehen oder Sitzen reduziert die Sauerstoffaufnahme. Geht man zu schnell, geht zu viel Energie für die Bewegung verloren (siehe Kahneman’s Anekdote über das Laufen über den Weinberg mit Twersky in „Think fast, think slow“). 

Jeder Teilnehmer bekommt die Aufgabe, sich die Namen der Anderen zu merken und etwas voneinander zu erfahren. Ein oder zwei Stunden wird auf diese Art unbeschwert über beliebige Themen miteinander diskutiert.

Im Anschluss daran teilen wir uns aufgrund der Tischsituation in einem Café oder Restaurant in kleine Gruppen auf. Die Diskussionen gehen bei einer Erfrischung oder Imbiss weiter.

Analyse

Nach einer Pause begeben wir uns wieder in das Meeting und bilden Gruppen, meist finden die Personen der Tische im Café wieder zusammen. Sie beschäftigen sich dann zum ersten Mal analytisch mit der Problemstellung und der gegebenen Zieldefinition.

Wenn wir uns dann zum Austausch über die bisherigen Erkenntnisse zusammen setzen, hat sich bereits ein kleiner Team-Spirit gebildet. Die Team-Member beginnen langsam, sich intrinsisch für das Projekt zu motivieren.

In seltenen Fällen kann kaum jemand für die Ziele begeistern. Selbstverständlich ist es dann die Aufgabe des Innovations-Managers, neue Ziele mit dem Auftraggeber abzustimmen oder nötigenfalls das Projekt abzubrechen. Hier gilt wie gehabt: Projekte, für die sich keiner motivieren kann, gehören automatisiert oder verworfen!

Kreativphase

Creative tree

Im nächsten Schritt gilt es, das Team von der intrinsischen Motivation in den Flow zu bringen. Das benötigt etwas Zeit, aber entwickelt sich kontinuierlich. Das Team entscheidet die Auswahl der Umgebung, in der sich getroffen wird. In unregelmäßigen Abständen laufen wir aber auch wieder gemeinsam durch die Natur.

Wenn sich der Manager als agiler Coach versteht, entwickelt das Team selbstständig Struktur und Methodik, sich dem Ziel zu nähern. Meiner Erfahrung nach gilt: je freier das Team, desto kreativer die Ergebnisse. Obwohl ich oft verschiedene Kreativitätstechniken vorgestellt und angeboten habe, scheint es effektiver zu sein, dass sie das Team aus der Problemstellung eigenständig entwickelt.

Diese Phase findet iterativ statt, nach fest gelegten Zeiträumen bewerten wir die aktuellen Lösungsalternativen und erweitern oder verfeinern sie in der nächsten Runde. Wenn die Mehrheit keine neuen Alternativen mehr finden möchte, dann gehen wir in die Selektionsphase über.

Selektionsphase

In dieser Phase bedienen sich Teams gerne den gängigen Entscheidungswerkzeugen. Zur Strukturierung der Lösungen wird häufig der Entscheidungsbaum oder die Entscheidungs-Mindmap ausgewählt.

Sind genügend Alternativen herausgefallen, dann wird gerne die Entscheidungs-Matrix bemüht. Die letzten Lösungswege werden gegeneinander bewertet und mit Hilfe einer Sensitivitäts-Analyse verfestigt. Am Ende sollten ein oder zwei Lösungen herausgearbeitet sein, daraus werden dann Prototypen entwickelt.

Nach Fertigstellung der Vorprodukte werden sie wieder gegeneinander bewertet und dem Auftraggeber präsentiert.

Wenn ein geschätztes Team durch stimulierende Umgebungen in eine gute Stimmung versetzt wurde und sich für die Zielsetzung motivieren kann, entsteht genügend Kreativität sowohl zur Ideenfindung als auch zur Strukturierung und Bewertung ihrer Lösungsalternativen. Der Innovations-Manager hat die Aufgaben das Team zusammenzubringen, Probleme die den Prozess behindern aus dem Weg zu räumen und bei Team-Nachfrage Hilfestellung zu geben.

Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess

Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess

Vor einer Weile wurde ich zu einer Entwicklung hinzugezogen, bei der eine ältere Software für eine Maschinensteuerung durch eine moderne abgelöst werden sollte. Das Team befand sich in einem Disput über die einzusetzenden Technologien, die sogenannte Tool-Chain. Um die Sache voran zu bringen, hoffte das Management mit Hilfe eines externen Experten die Richtung vorgeben zu können. Doch Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess,  das hatte man nicht richtig verstanden. 

Bei agilen, selbst organisierten Teams gilt es einen Eingriff von außen wenn möglich zu vermeiden, deshalb erklärte ich mich nur zur Rolle eines Moderators bereit.

Auch die Ablösung von Software entspricht einem Innovationsprozess.  Software die ohne eine Grunderneuerung oder ohne weiteren Nutzen durch andere Werkzeuge ersetzt wird, ist verbranntes Geld!

Wie sehr Innovationsprozesse und Software-Entwicklung miteinander verbunden sind, wurde bei diesem Projekt besonders deutlich.

Wer ist der Kunde?

Zu Beginn des ersten Meetings konnte die Frage, wer der Kunde der Software sei, nicht eindeutig beantwortet werden. Es fielen die Namen von unterschiedlichen Personengruppen aus dem Bereich der Stakeholder. Bei der anschließenden Diskussion blieben zwei Kunden übrig. Der Hersteller der Maschine, der auch der Auftraggeber der Software war und der Käufer der Maschine mit seinem Bedienpersonal. Bei modernen Innovationsprozessen sollte der endgültige Anwender als Kunde betrachtet werden, nie die zwischen geschalteten Auftraggeber. Ein Innovations-Team muss im Zweifelsfall Funktionalität im Sinne des Anwenders gegen den Auftraggeber verteidigen können.

Der Besteller eines Erzeugnisses denkt häufig in Kostengrenzen, Innovationen sollten aber in erster Linie der Kundenzufriedenheit und Produktivität während der Nutzung des Produktes dienen!

Grund und Zweck des Produktes

Weil alle ihren Laptop dabei hatten, bat ich jeden im Team eine kurze Zusammenfassung von dem zu entwickelnden Produkt zu machen und mir auf den vereinbarten Messanger zu senden. Interessanterweise gingen die Vorstellungen auch hier weit auseinander.

An dieser Stelle der Entwicklung ist es wichtig, dass sich jeder Beteiligte vollständig in die Rolle des späteren Anwenders hinein versetzen kann. Wir haben uns in diesem Fall zu einem Kunden an eine ältere Maschine begeben und uns intensiv mit dem Bedienpersonal ausgetauscht. Dabei kam so ganz nebenbei heraus, dass die Maschine in Zukunft ein Kandidat für ein Edge-Computing war, weil eine Kommunikation mit anderen Maschinen und eine Remoteüberwachung notwendig werden würde.

Die Analyse des Problembereiches ist sowohl aus der Vogelperspektive als auch bis ins kleinste Detail notwendig. Das zu entwickelnde Produkt sollte zunächst nur als eine Liste von Anforderungen definiert werden. War der Bedarf schon vor zehn Jahren vorhanden und ist vielleicht auch noch in zehn Jahren interessant, dann lohnt es sich die Anforderung aufzunehmen. Keine Zeit verschwenden mit „nice to have“ Funktionen.

Anforderungen strukturieren

Mit diesen neuen Erfahrungen und der Kenntnisse über den genauen Zweck des Produktes konnte das Team eine Struktur mit den notwendigen Produktfunktionen aufbauen und diskutieren. Nach vielen Änderungen und Ergänzungen fand sie schließlich eine breite Zustimmung. Dadurch war eine rudimentäre Dokumentation über das finale Produkt entstanden und das Team hatte so etwas wie eine Guideline.

Auf dieser Basis ließ sich eine zu entwickelnde Software gut in granulare Funktionalitäten modularisieren und wichtige Zusammenhänge konnten isoliert werden. Es entstand eine technologisch und ökonomisch gut bewertbare Grundlage für die Auswahl von Frameworks und Tools sowie ein späteres Burn-down-Sheet. Das lief alles nicht nach einem determinierten Konzept ab, denn Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess!

Tools und Methodik

Entwicklungs-Team werden mittlerweile weitestgehend nach technologischen Fertigkeiten ausgewählt, nicht mehr bezogen auf die Aufgabe, Domänen-Knowhow, Innovationsfähigkeit, Diversifikation usw. Dadurch wird die Entstehung von außergewöhnlicher, kreativer Software in vielen Bereichen unterdrückt und die Entwicklung degeneriert zu Fließbandarbeitern. Damit kann sich keiner identifizieren und es kann kein „Flow“ im Team entstehen.

Die Festlegung von Entwicklungsumgebungen und Tools noch bevor ein Team zusammengestellt oder das Produkt richtig bekannt ist, verletzt die Prinzipien agiler, selbst organisierter Arbeitsweise. Eine falsche Entscheidung zu diesem Zeitpunkt kann unnötig viel Ressourcen binden, die Fertigstellung entscheidend verzögern oder folgenschwer in eine Sackgasse und dann zum Abbruch führen.

Aber selbst wenn das Team die Festlegungsphase selbst verantworten kann, ist es sehr schwierig, jeden Einzelnen bezüglich seiner technologischen Vorlieben zu neutralisieren und eine produktgerechte Auswahl zu erreichen.

Fragt man einen Entwickler nach den einzusetzenden Werkzeugen, wird er sich auf seine bisherigen Kenntnisse stützen und das Gewohnte vorschlagen. Sie hassen es zuzugeben, dass sie etwas nicht wissen oder bei etwas falsch liegen. Es ist begründet in deren Kultur. Niemand kann alles wissen, schon gar nicht in diesem Arbeitsbereich. Menschen können jedoch motiviert werden, Nichtwissen oder Fehler ohne Furcht zu äußern. Gutes Management, Coaches oder Moderatoren schaffen es durch richtige Fragen ein offenes Verhalten im Team zu fördern.

Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess

Holistisches, invertiertes Denken

In einem meiner Innovationsprojekte sollte ein mechatronisches Team eine neue Variante einer Bearbeitungsmaschine entwickeln. In der Kreativ-Phase begann man wie gewohnt mit der klassischen Vorgehensweise: erst die Mechanik, dann Elektrik/Elektronik und schließlich die Steuerungssoftware. Doch nach mehreren durchgespielten Varianten kam irgendwie keine Begeisterung auf. Die Nachfolgemaschine unterschied sich nicht groß von dem Vorgänger.

Daraufhin forcierte ich das holistische, kreative Denken und es entstand ein invertierter Ansatz. Die Produktfunktionen wurden über die Software des Bedienpultes definiert und zusammen mit ausgewählten Kunden solange optimiert, bis jeder von einer gewisse Euphorie erfasst wurde. Ausgehend von den entstandenen Software-Modulen wurden dann die mechanischen und elektrischen Komponenten festgelegt oder entwickelt.

Das Ergebnis war eine Maschine, die konzeptionell völlig anders war als alles auf dem Markt. Sie hat sich später als durchschlagender Verkaufserfolg herausgestellt. Wettbewerber begannen das Konzept übereilt und wenig erfolgreich zu kopieren.

Software-Entwicklung ist ein Innovationsprozess, das wurde hier besonders deutlich.

Wann ist ein Team agil?

agile Arbeitsweise

Mir wurde wiederholt die Frage gestellt, warum die agile Arbeitsweise manchmal sehr erfolgreich, häufig aber nicht so gut läuft. Worin unterscheiden sich diese Teams und deren Rahmenbedingungen?

Bevor man sich über Methoden, Frameworks oder Tools austauscht, sollte man sich über das Ziel einig sein. Beginnen wir mit der neutralen Frage, wann ein mit Spezialisten besetztes Projekt hoch effektiv, produktiv und erfolgreich verläuft.

Man hat festgestellt, dass es in einem Team dann besonders gut läuft, wenn sich alle Mitglieder im „Flow“ befinden. Jeder verliert sich völlig in seiner Tätigkeit.

Schön und gut, aber was sind die Voraussetzungen, damit Menschen in den „Flow“ kommen können?

Das zentrale Element von Flow ist die intrinsische Motivation, das bedeutet von Innen heraus motiviert zu sein, ohne äußere Einflüsse.

Intrinsische Motivation

Die Wissenschaft hat herausgefunden, welche Rahmenbedingungen vorhanden sein müssen, damit sich intrinsische Motivation überhaupt erst einstellen kann:

  • In der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan nachzulesen, muss die Aufgabe psychologische Sicherheit bieten. Darunter versteht man für jeden Beteiligten eine angemessene Bezahlung, soziale Integration in das Team, verleihen einer Stimme und Wertschätzung seiner Beiträge zum Produkt. Dadurch können Aufgaben in Angstfreiheit und Gelöstheit durchgeführt werden.
  • Für das zu entwickelnde Produkt sollten kompetente Fachkräfte ausgewählt werden, für die das Verhältnis zwischen Anforderungen und Fähigkeiten ausgewogen ist. Bei Über- oder Unterforderung entsteht keine Eigenmotivation.
  • Interessanterweise fördern Diversifikation und leichte Inhomogenitäten der Team Member die Innovationsfähigkeit. Ausgeglichenheit bei den Geschlechtern, Low- und High-Performern oder interdisziplinäre Fähigkeiten ermöglichen bei jedem Einzelnen eine hohe Konzentration auf seine Kernkompetenzen.
  • Ein Team kann sich nur motivieren, wenn es über einen hohen Grad an Autonomie verfügt und sich selbst organisieren kann. Entwickler sind smart, sie wissen welche Tools geeignet sind, welche Metriken sie verwenden oder wann sie sich untereinander austauschen. Ein Fach-Team kann bessere Entscheidungen treffen als das Management. Einflüsse und Störungen von außen sind Gift für die Performance.
  • Um sich mit den Projektzielen zu identifizieren, sind Klarheit und Dynamik der Ziele und eine zeitnahe Rückmeldung der Fortschritte erforderlich. Das wird üblicherweise durch Zeit Intervalle erreicht, nach denen nutzbare Teilergebnisse entstehen. Nach jedem Intervall erfolgt eine Feinjustierung der Ziele oder in schwierigen Fällen ein Abbruch. Stellt es sich heraus, dass die Ziele mit den gegebenen Ressourcen nicht realisierbar sind, ist ein Abbruch kein Versagen. Es ist ein valides Ergebnis.
  • Damit die äußere und innere Sicht des Projektes möglichst synchronisiert bleibt, ist eine transparente just-in-time Kommunikation in beide Richtungen wesentlich. Nur dadurch kann jeder im Team seine Aufgaben richtig einschätzen und priorisieren. Nur sehr selten versagt ein Team, viel eher scheitert die Kommunikation, insbesondere die über Schwierigkeiten.

Agile Arbeitsweise

Vielleicht ist die Auflistung nicht vollständig, doch interessanterweise ist darin weder der Begriff „agile Arbeitsweise“ zu finden, noch die Namen von Methoden, Metriken, Zertifikaten oder Frameworks. Die Gründe für gut funktionierende Projekte sind zeitlos und überall gültig. Sie hängen sicher nicht von irgendwelchen Modeworten ab. Es geht immer um das vertrauensvolle menschliche Miteinander und eine offene Kommunikation.

Die Modeerscheinungen wie Tools, Konzepte, Coaching oder Zertifikate dienen nur dazu  Geld zu verdienen. Das wird häufig durch die Unsicherheit und Unwissenheit von Managern erreicht.

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