Unleash the creative human power

Kategorie: selbst organisierte Teams (Seite 2 von 2)

Führungskräfte schaden!

Team

Im Zusammenhang mit der Auslagerung eines Innovation-Labs gab es erneut die Diskussion, ob man nicht doch besser eine Leitungsfunktion für diese wichtige Projektgruppe etablieren sollte. Obwohl es mittlerweile üblich ist, das sich hoch qualifizierte, innovative Gruppen selbst organisieren, stellen sich intuitiv immer noch Zweifel ein.

Um zu verstehen, warum einzelne Führungspersonen eher dazu tendieren, Mitarbeitern und Unternehmen zu schaden, lohnt es sich den Blickwinkel auf uns Menschen zu erweitern.

Entscheidungen

Das Denken des Homo-Sapiens ist leider nicht so weise und vernünftig wie er es selbst gerne sieht. Davon können Psychologen zur Genüge berichten, die sich mit kognitiven Verzerrungen beschäftigen.

Die Spezies Mensch befindet sich mitten in der evolutionären Entwicklung ihres Gehirns, nicht am Ende. Es gab sogar Zeiten, da hatten wir ein größeres Hirnvolumen, doch heute müssen wir uns mit dem zufrieden geben, was uns unsere Vorfahren vererbt haben.

Wir werden zum größten Teil von unserem Unterbewusstsein gesteuert, bewerten Entscheidungsgrundlagen emotional verzerrt und haben keinen eigenen Willen. Es besteht lediglich die Möglichkeit die vom Unterbewusstsein erzeugten Gedanken zu kontrollieren oder zu steuern. Diese Fähigkeit korreliert jedoch mit dem Trainingszustand des Gehirns.

Mit so vielen Defiziten belastet, sind wir mehr schlecht als recht in der Lage unsere persönlichen Entscheidungen zu fällen. Aber auch hier versagen wir klärglich, wenn die Rahmenbedingungen zu komplex werden. Unser Unterbewusstsein ist jedoch sehr gut darin, schlechte Entscheidungen schön zu reden, deshalb bemerken wir nur selten unser Dilemma.

In der Gruppe stark

Unter bestimmten Umständen ist die Entscheidungsfähigkeit einer Gruppe deutlich besser als die von Einzelnen. Werfen wir einen Blick auf die Voraussetzungen, die ein Team benötigt, um gut zu funktionieren.

Seit Erscheinen der Selbstbestimmungstheorie wurde sie durch viele weitere Studien bestätigt. Menschen können hoch produktiv zusammenarbeiten wenn sie als Gruppe vollständig autonom handeln dürfen, eine hohe Kompetenz (Wissen, Fähigkeiten) besitzen und wertgeschätzt werden. Zusätzlich benötigen sie noch einen Zweck oder ein Ziel mit der Bereitschaft, es gerne zu verfolgen. Das nennt man intrinsisch motiviert, die Zutaten um in einen Flow zu kommen.

In vielen Unternehmen agieren Personen auf ähnlichem akademischen Level, lediglich die Fachrichtungen unterscheiden sich. Viele der heute benutzten Verfahren zur Rekrutierung von hoch qualifizierten Kräften haben sich als wenig nützlich erwiesen. Persönliche Interviews sind besonders schädlich, wie u.a. in Kahneman’s Buch „Thinking, fast and slow“ nachzulesen. Eine Auswahl wird häufig ungewollt durch Seilschaften oder einem Sympathiefaktor getroffen, nicht durch objektive Qualifikation (the B’s rules the A’s). Langjährige Erfahrung auf einem Gebiet blockiert innovatives Denken und kann aufgrund der kurzen Halbwertzeiten von Fachwissen eher ein Nachteil sein.

Einzelpersonen können sich nicht vollständig von ihren Eigeninteressen befreien und sind unbewusst Spielball ihrer persönlichen emotionalen Umstände. Ihre Entscheidungen leiden viel zu häufig unter Einseitigkeit, Kurzsichtigkeit und Egoismus. Gerade in Bezug auf Mitarbeiter oder Vorgesetzte sind sie selten unvoreingenommen. Sie übernehmen auch nicht wirklich Verantwortung, sonst müssten sie bei schuldhaftem Verhalten ihr verdientes Geld zurück zahlen. 

Dagegen werden in einer interdisziplinären Gruppe vor einem Konsens deutlich mehr Rahmenbedingungen durchleuchtet und persönliche Emotionen Emotionen sowie kognitive Verzerrungen weitestgehend kompensiert oder sogar neutralisiert. Eine besonders positive Rolle spielt dabei der Interessensausgleich durch unterschiedliche Gender, verschiedene Arten von Leistungsträgern (B’s equal to A’s) bzw. Erfahrungslevel oder andere Kulturen.

Menschen sind bei Gruppenentscheidungen grundsätzlich weniger egoistisch.  

Ideale Welt

Beautiful World

Stellen wir uns eine Welt vor, in der jeder Mensch über tiefe naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse verfügt: von der genauen Funktionsweise der Proteinfabriken in biologischen Zellen über die Fähigkeit elektromagnetische Felder mit Hilfe der Quantenelektrodynamik zu berechnen bis hin zum Vorhersagen von Materialien des Periodensystems der Elemente nur aus der Masse einer Supernova sowie identifizieren der Komponenten eines Quantencomputers oder Entwickeln eines Reinforcement-Learning-Algorithmus für eine bestimmte Aufgabe.

Aufgrund der außergewöhnlichen Fitness seines Bewusstseins wird dieser Homo-Fictus in der Lage sein, seine Emotionen zu kontrollieren und seine biologisch gegebenen Denkschwächen durch eigenes Reflektieren und mit Hilfe von Werkzeugen zu kompensieren.

Diese Welt lebt in Einklang mit der Natur, sie ist frei von großen gesellschaftlichen Unterschieden und frei von aggressiven Auseinandersetzungen.

Diese Welt wird gänzlich ohne Führungskräfte auskommen!

 

Result Only-Fail Save Innovation

result only, fail safe

Im späten Sommer wurde ich in ein Online-Meeting zu einem von uns betreuten Innovation-Lab gerufen. Es wurde um die Moderation des Abschluss-Meetings nach einem der üblichen Innovations-Intervalle gebeten. Bei dem selbst organisierten Team war schon durch die höchst kreative „Hybrid Thinking“ (out oft he box) oder „Design_thinking“ Phase gekommen und beschäftigte sich jetzt mit konkreten Ansätzen zur Realisierung der entstandenen Entwürfe. Eine Ausführungsvariante steckte in scheinbar unüberwindbaren Details fest, wäre aber sehr vielversprechend, wenn sie funktionieren würde.

Für solche Fälle haben wir eine Vereinbarung: Besteht bisher keine klare Aussicht auf Realisierungsfähigkeit, darf das Team bei einem Konsens selbstständig noch einen zusätzlichen Sprint in diese Idee investieren. Gibt es danach immer noch keine klare Erfolgsaussicht und den Team-Wunsch, sie weiterzuverfolgen, dann wird ein externer Moderator hinzugezogen. Damit wollen wir Emotionen neutralisieren und verhindern, dass zulange in eine falsche Richtung investiert wird.

Jeder Weg ist ein Ergebnis

So eine Situation wird von uns als vorteilhaft angesehen, nicht als schwierig. Sie ist das Herzstück innovativen Denkens. Jeder Entwicklungsweg hat eine Menge Arbeit gekostet und die Beteiligten möchten ihn oft nicht aufgeben. Dort wo Emotionen entstehen ist auch Leidenschaft, das Wesen von Erneuerung.

Die Arbeitsweise in einem Innovation-Lab ist bei uns eine Weiterentwicklung der „Results Only Work Environment“ Methode. Sie bewertet ausschließlich bestimmte Arbeitsergebnisse. Jedes Team-Mitglied entscheidet eigenständig wie, wo oder wann es seine Arbeit ausführt. Es zählt nur das Resultat des Teams am Ende des festgelegten Zeit-Intervalls. Die Zielsetzung entwickeln wir für jedes Team individuell. Zur Beurteilung nutzten wir Kombinationen aus gängigen Techniken wie z.B. das „Key-Result“ aus der „Objectives and key results (OKR)“ Methode. Es geht darum, die Bewertung eines Weges höchst transparent und nach jederzeit reproduzierbaren Kriterien durchzuführen.

Es fällt leichter, wenn jeder Entwicklungsweg als sinnvolles Resultat betrachtet wird, unabhängig von der Realisierungsfähigkeit. Auch wenn etwas nicht weiterverfolgt wird, hat es einen zweckmäßigen Beitrag geleistet. Es ist ein bewerteter Schritt auf dem Weg zu neuen Ideen.

Sackgassen sind willkommen

Durch gezieltes Nachhalten aller Entwicklungszweige wird verhindert, dass ein wenig profitabler Pfad erneut eingeschlagen wird, auch nicht von einem anderen Team. Schon für den Wissensaufbau müssen alle Wege detailliert dokumentiert werden, unabhängig von deren späteren Erfolg. Hierfür benutzt das Team selbst zusammengestellte Werkzeuge wie z.B. ein „Wiki“ und/oder einen „Knowledge-Graph“.

Die detaillierte Dokumentation beschreibt die Leistungen, die in diesen Weg geflossen sind und sorgt somit für eine dauerhaft Wertschätzung. Das verleiht den Beteiligten eine gewisse Zufriedenheit. Das Bewusstsein, das auch Sackgassen willkommene Erkenntnisse sind, gehört zum wichtigen Aspekt der „psychologischen Sicherheit“ (siehe auch Selbstbestimmungstheorie).

Neutralisieren der Ergebnisse

Kommen wir zurück zu der Eingangs erwähnten Problemstellung. Ein problematischer Lösungsvorschlag stand vor seiner zweiten Verlängerung und benötigte den neutralen Blick einer unabhängigen Person. Für so ein Meeting wird eine Nutzwert-Analyse vorbereitet, in der neben dem zur Diskussion stehenden Pfad auch andere Lösungen nebeneinander bewertet werden.

Im Meeting selbst wird die Entscheidungsmatrix vorgestellt und die Gewichtungen begründet. Anschließend erfolgt gemeinsam eine Sensitivitätsanalyse mit Fokus auf die Stakeholder. Das bedeutet die Gewichtungen werden leicht in Richtung des Investitionsrisikos verschoben.

Sollte sich nach dieser Prozedur keine eindeutige Lösung ergeben, wird eine zusätzliche Methode zu Rate gezogen, z.B. der „Analytic Hierarchy Process“. Wenn sich danach noch keine klare Linie abzeichnet, zieht der Moderator die Brille der Stakeholder auf. Nur wenn aus dieser Sicht eine weiter Verlängerung gut begründbar und sinnvoll erscheint, wird nicht abgebrochen.

Im aktuellen Fall konnten wir uns aber schon nach der Sensitivitätsanalyse auf einen Abbruch einigen.

Erkenntnisse

Das Beispiel zeigt, dass auch bei einem selbst organisierten Team ein übergeordnetes Guiding in außergewöhnlichen Situationen durchaus sinnvoll sein kann. Um die Dynamik einer Gruppe optimal nutzen zu können sollten Strategien, Methoden und Metriken genau auf das Team abgestimmt werden.

Innovation-Labs

Innovation

Eine unserer Kernkompetenzen ist der Aufbau und das Coaching von Innovation-Labs bei mittelständischen Unternehmen. Es gibt viele alternative Bezeichnungen, zum Beispiel „Innovation Center“, „Accelerators“, „Business Incubators“ oder „Research Hubs“. Von großen Unternehmungen werden sie schon eine ganze Weile zur Entwicklung von disruptiven Erfindungen, neuen digitalen Geschäftsmodellen (Services, Online-Lösungen), als Instrument für Veränderungen (Change) oder als Labor für agiles Arbeiten benutzt.

Arbeitsweise

Die Vorgehensweise ist üblicherweise sehr ähnlich. Es wird eine Gruppe von interdisziplinären Experten zusammengestellt, die zu gleichen Teilen aus internen und externen Mitarbeitern besteht. Die internen Mitarbeiter werden von ihren Aufgaben im Betrieb freigestellt und arbeiten gemeinsam in einem dafür bereit gestellten autonomen Bereich. Sie arbeiten selbst organisiert und iterativ. Inhaltlich und hierarchisch sind sie völlig unabhängig vom Kerngeschäft.

Strategie

Ein Innovation Center braucht eine klare Strategie, die sich an das Unternehmen ausrichtet und zu einem Beitrag zum Unternehmenserfolg führt. Es muss vorher entschieden sein, ob das Kerngeschäft modernisiert werden oder durch eine völlig neue Strategie disruptiv ersetzt werden soll. Die Vorgaben dürfen nur die Ausrichtung betreffen, nie den Weg dahin, denn der ist noch nicht bekannt!

Kommunikation

Die Kommunikation von innovativen Teams ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Durch Vernetzung mit kooperativen Kunden, internen Fachabteilungen, externen Partnern, Start-ups, Forschungseinrichtungen oder auch Wettbewerbern entstehen sowohl ein Wissenspool als auch erweiterte Perspektiven. Moderne agile Entwicklung basiert auf Motivation, Offenheit, Lernbereitschaft sowie Austausch und Aufbau von Wissen.

Interoperability

Die Einrichtung eines solchen Innovation-Labs benötigt hohe Transparenz und muss vom gesamten Management getragen werden. Die Finanzierung sollte vorausschauend über einen längeren Zeitraum gesichert sein. Idealerweise spülen erfolgreiche Konzepte und Arbeitsweisen über Austauschplattformen oder regelmäßige Veranstaltungen zurück in die Kernorganisation und erzeugen so inhärente Änderungen.

Selbstverständlich finden auch in selbst organisierten Gruppen zur Zieljustierung genau abgestimmte, nützliche Methoden wie z.B. „OKR (Objectives and Key Results)“ und Metriken wie z.B. „Key Performance Indicator“ Anwendung.

Die wichtigste Botschaft

Das Herz von erfolgreichen Innovation sind intrinsisch motivierte Menschen die mit Leidenschaft einer Bestimmung folgen.

Neuere Beiträge »

© 2024 Innovation Driver

Theme von Anders NorénHoch ↑