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Kategorie: Stress

Rückgang der Wissbegier?

Inhaltsbedingt philosophieren wir manchmal innerhalb meiner Vorlesung über ein vorher festgelegtes und vorbereitetes kontroverses Thema. Über eine längere Zeit den Argumenten der Teilnehmer zu folgen ist ein hoher Anspruch an die Konzentration, besonders weil die eigene Sichtweise jeweils an das hinzugewonnene Wissen angepasst werden muss.

Über die Jahre ist die Anzahl der Studenten, die sich aktiv beteiligen, ständig gesunken. Viele der Unbeteiligten sahen überhaupt keinen Sinn darin, ein Thema so intensiv zu durchleuchten. Dagegen wünschten sich die Aktiven viel mehr solcher Diskurse.

Woher kommt dieser große Unterschied, warum sind heute viele Erwachsene nicht mehr wissbegierig?

Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass wissbegierige Menschen intelligenter, kreativer bei Problemlösungen, selbstständiger, stresstoleranter, offener für neue Ideen sind und bereit, Verantwortung zu übernehmen. Klingt das nicht genau nach den Eigenschaften eines Mitarbeiters, die wir für die digitale Transformation dringend benötigen? Was läuft falsch in unserer Gesellschaft, dass genau diese Attribute eher unterdrückt anstatt gefördert werden? Diese Frage haben sich auch Arbeitgeber gestellt. Aufgrund einer großen Studie mit interessanten Ergebnissen findet die Nachfrage nach Wissbegier jetzt zunehmend Einzug ins Recruiting. 

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Was ist Neugierde?

Neugierde ist ein evolutionärer Bestandteil des menschlichen Gehirns. Sie ist schon bei der Geburt vorhanden und ist die wichtigste Grundlage der Motivation (William McDougall). Mit zunehmenden Erfahrungen und Wissen sollte sich die emotional getragene Neugier in die etwas sachlichere Wissbegier wandeln und bis zum Lebensende erhalten bleiben. Eine Verminderung ist nicht unbedingt vorgesehen. Warum bleibt sie in unserer Gesellschaft trotzdem auf der Strecke?

Für die Intelligenz des Menschen ist die Anzahl an Neuronen und die Dichte der Verbindungen dazwischen entscheidend. Die uns innewohnende Neugier treibt dieses Wachstum voran und ist der Impuls für ständiges Lernen und Forschen.

Ein Kind ist von Geburt an ein „systematischer Philosoph“. Es versucht die Dinge um sich herum zu hinterfragen und zu verstehen und bildet so ein Modell der Realität in seinem Neokortex. Philosophieren ist in diesen Lebensjahren essentiell, sie dient der Verfeinerung des Realitätsmodells, dem Wissensaufbau und der Erhaltung der Neugier. Dadurch kann es zunehmend besser mit seiner Umgebung interagieren, lernt seine Emotionen zu kontrollieren und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Wissensaufbau

Was reduziert Wissbegier?

Die Suche nach Gründen für das Nachlassen der Wissbegier beginnt bei der kindlichen Entwicklung. Man stolpert dabei immer wieder über die unterschiedlichen Argumente der folgenden, sicher nicht erschöpfende Liste:

  • Fehlende Wertschätzung durch die Bezugspersonen.
  • Unbegründetes emotionales Verhalten der Bezugspersonen.
  • Wenig frei verfügbare Zeit zum freien Spielen.
  • Monotones Umfeld, wenig Anreize zum Entdecken.
  • Interaktion mit der Umgebung ist nur sehr eingeschränkt.
  • Fehlende Ruhe, z.B. durch ständiges „Helikoptern“ von Bezugspersonen.
  • Keine Unterstützung durch die Bezugspersonen.
  • Zu frühe Sozialisierung mit fremden Kindern, besonders in inhomogenen Spielgruppen.
  • Neugier aberziehen, als unhöflich, unerwünscht brandmarken.
  • Religiöse Austreibungsriten.
  • Bezugspersonen versuchen Kinder zu erziehen, anstatt ihnen als Coach zur Seite zu stehen.
  • Lieblosigkeit, bzw. keine soziale Eingebundenheit. Dadurch fehlende sichere Beziehung, Bindung zu einer Bezugsperson, mündet in Aufkommen von Angst.
  • Fehlende Selbstbestimmung, Autonomie.
  • Stress, sollte eigentlich durch Bezugspersonen abgebaut werden wird aber oft eher aufgebaut.
  • Aufräumen ist Gift für die Fantasie, Spielsituationen sollten erhalten bleiben können.

hör nicht auf zu lernen

Wissbegier macht wettbewerbsfähig

Wie aus der Liste zu erkennen, kommt es vorwiegend auf das Verhalten der Eltern oder der Bezugspersonen an. Sie waren auch einmal Kinder, aber wenn sie bildungsfern aufgewachsen und geblieben sind, werden sie die Fehler ihrer Eltern weitestgehend wiederholen.

Das öffentliche Bildungssystem ist immer noch ausgelegt für den Aufbau von Ressourcen, die sich einfach in eine volkswirtschaftliche Maschinerie integrieren lassen.

Auch die Arbeitgeber waren lange Zeit nur an produktiven Arbeitseinheiten interessiert. Das klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmersystem nach dem militärischen Paradigma „Befehl und Gehorchen“ bevorzugt Mitarbeiter mit wenig Widerspruch – Wissbegier galt als toxisch!

Mittlerweile hat es sich aber herumgesprochen, dass eine moderne Gesellschaft nur durch ein hohes Maß an Wissen und Kreativität wettbewerbsfähig, stabil und lebenswert gehalten werden kann.

Die politischen Systeme sind nicht für nachhaltige Konzepte und grundlegende Änderungen ausgelegt, deshalb werden die notwendigen Schritte wahrscheinlich wieder einmal von starken Interessensgruppen aus der Gesellschaft oder der Industrie vorangetrieben werden.

Körperliche Leistungsfähigkeit

Fitness

Unser Denkapparat ist von der störungsfreien Funktion des restlichen Körpers extrem abhängig. Weil das Gehirn das gesamte Leben steuert ist körperliche Fitness eine unmittelbare Voraussetzung für eine gute Denkleistung. Zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit sind folgende Punkte zu berücksichtigen:

Idealerweise wohnt man in einer grünen Umgebung mit sauerstoffreicher, reiner Luft, einem geringen Lärmpegel und einigermaßen dunklen Nächten. Um negativen Stress zu vermeiden, sollte man einer Beschäftigung nachgehen die motivierend ist und bei der man in den „Flow“ kommen kann. Dabei sollte zu erkennen sein, dass man etwas Nützliches für die Menschen erzeugt auf das man stolz sein kann.

Wer sich in diesem gesunden Lebenskontext bewegt sollte über eine ausreichende körperliche Fitness verfügen und dadurch zu einer guten Denkleistung finden.

Mental-Hygiene

Social Media

An einem regnerischen Vormittag auf dem Gang meiner Hochschule lief ein Student, der auf sein Smartphone starrte, in mich hinein. Natürlich entschuldigte er sich bei mir und es wäre nicht weiter erwähnenswert. Doch mich hatte dieses wahrnehmungsblinde fixieren auf diese kleine flimmernde Oberfläche interessiert. Deshalb wollte ich von ihm wissen, welche Ablenkung so fesseln war. Es war ein Video von einer lustigen Belanglosigkeit. Darüber kamen wir ins Gespräch und plötzlich versammelten sich weitere Studenten um uns herum und beteiligten sich an der Diskussion.

Ich hatte die Frage aufgeworfen, ob es abgesehen von unserem Zusammenstoß noch weitere Konsequenzen haben könnte, wenn man sich häufig solche kurze Spaßmomente gönnte oder höchst emotionale Nachrichten konsumiert? Viele Studenten konnten sich keinerlei Folgen vorstellen. Sie wurden aber neugierig, als ich zu verstehen gab, dass es eine Auswirkung auf ihren Studienabschluss und ihr zukünftiges Leben geben würde. Weil nicht viel Zeit zur Verfügung stand, bot ich spontan eine Informationsrunde für Interessierte am Nachmittag an.

Der Raum, den ich ausgesucht hatte, war zum Bersten gefüllt, als ich ihn zum vereinbarten Zeitpunkt betrat. Verwirrt nahm ich an, dass er schon belegt war. Doch irgendwie hatte sich unser Meinungsaustausch herumgesprochen und sie waren gespannt auf die versprochene Aufklärung und hofften natürlich auch auf Provokationen und Kontroversen.

Was man vorher wissen sollte

Thinking

Die Evolution hat die Speicherung von Informationen im Gehirn mit der Gefühlswahrnehmung gekoppelt. Vor allem negative Erfahrungen waren überlebenswichtig. Deshalb werden Eindrücke intensiver gespeichert, wenn man sich in einer sehr gefühlsbetonten Stimmung befindet. In unserer heutigen Welt überwiegen die emotionalen und negativen Informationen. Sie lösen den Ausstoß von Glückshormonen aus, den sogenannten Dopamin-Kicks. Dadurch lassen sie sich besser verkaufen. Doch die meisten Nachrichten sind für uns nutzlos. Es ist wichtig geworden, sich dagegen zu schützen.

Aus den Informationen, die man in jedem Augenblick aufnimmt, entsteht die Person, die man in Zukunft sein wird. Deshalb ist es wichtig, dass man lernt, unwichtige Informationen zu unterdrücken und nur das Nützliche zuzulassen.

Nach einem Hinweis auf die körperliche Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für mentale Prozesse folgte ein Exkurs über die Art, wie wir Denken. Man benötigt die Kenntnisse der Funktionsweisen des Gehirns, um die Notwendigkeit und den Nutzen von Gedankenpflege zu verstehen.

Natürlich darf das Wissen über unsere Superkraft, die „Imagination“ nicht fehlen. Mit ihr ist es möglich, nur durch Konzentration seine Zukunft zu gestalten.

Der ausreichende Schutz von mentalen Fähigkeiten beginnt mit der Erweiterung unserer Wahrnehmung und Stärkung der Willenskraft.

Maßnahmen zur Erweiterung der Wahrnehmung

Wahrnehmung

Jeden Tag verändern sich Kleinigkeiten auf dem Weg zur Arbeit. Wenn man versucht, diese Veränderungen zu entdecken, ist es eine gute Übung für seine Wahrnehmung und das Erinnerungsvermögen ist.

Geht man einen Weg nur selten oder zum ersten Mal, könnte man am Ziel kurz innehalten und die Strecke aus dem Gedächtnis Revue passieren zu lassen. Wenn man sich das angewöhnt wird man unterwegs schon versuchen, sich Dinge einzuprägen.

Eine aufmerksame Wanderung durch die Natur lässt die vielen kleinen Wunder neu entdecken. Insekten buhlen um Blüten, die ihren saisonalen Duft versprühen. Schimmernde Käfer laufen durch das Gras und Wolken breiten sich in seltsamen Formationen darüber aus. Ein warmer Sommerwind, der durch die Haare streift, lässt uns Menschen die Energie der Sonne spüren und wohltuende Erinnerungen hervorrufen.

Willenskraft stärken

Willenskraft

Um die positiven Aspekte in sein Leben integrieren zu können ist Willenskraft und emotionale Kontrolle erforderlich.

Eine große Hürde stellt psychologischer Stress dar. Man kann keine klaren Gedanken mehr fassen, sich nicht konzentrieren. Die Gründe müssen hinterfragt werden und die Ursachen beseitigt werden, sonst führt er zu biologischem Stress und schadet nicht nur dem Geist sondern auch dem Körper. Eine wissenschaftlich erwiesenermaßen wirksame Methode zur Reduzierung des Stress ist die Meditation.

Die vielen kleinen Belohn-Systeme, wie Nahrung, Unterhaltung, Nachrichten oder Sex sollten nach Angemessenheit, Nutzen und Schaden bewerten. Überzogene oder schädliche Versuchungen im Alltagsleben gilt es zu entfernen.

Wenn man nach dem Sinn aller Tätigkeiten seines Alltagslebens zu fragt, verschafft das einen neuen Blickwinkel und Raum für Veränderung.

Ziele, die man verfolgen möchte, sollten aufgeschrieben werden. Dann kann man sie in kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele unterteilen. Anschließend macht man sich Notizen, mit welchen Mitteln sie erreicht werden können und setzt dafür eine Deadline.

Manchmal ist es notwendig, Dinge zu tun, die lästig sind. Wer möchte schon gerne Aufräumen, Waschen, Putzen oder einen erforderlichen Bericht schreiben, Messungen auswerten oder ein unangenehmes Gespräch führen? Die Überwindung dazu ist ein hervorragendes Training für Willensstärke.

„Zuhören“ ist ein guter Sparringspartner. Folgt man einem Gespräch, verspürt man häufig unbewusst den Drang, sofort etwas dazu einzuwenden. Das kann mit vorher eingeübten tiefen Atemzügen unterdrückt werden. Diese kurze Zeitspanne reicht aus, um die Worte ins Bewusstsein zu holen und kurz darüber nachzudenken. Danach kann der spontane Einwand unterdrückt und die Entgegnung für den geeigneten Augenblick wohlgeformt vorbereitet werden.

Mentalhygiene praktizieren

Mental Hygiene

Um etwas Ordnung in seine Gedankenwelt zu bekommen, könnte man seinen Alltag nach unnötigen Informationen oder unsinnigen Ritualen zu durchforsten. Sie zu unterdrücken ist deutlich schwieriger. Ein einmal eingeübtes Verhalten kann nur schwer zu geändert werden, weil es in einen unzugänglichen Bereich des Unterbewusstseins verankert wird. Der beste Weg ist das Überschreiben durch eine andere, aber nützliche, Aktion.

Digitale Nachrichten oder E-Mails sollte man nie sofort lesen. Abrufen erst zu selbst festlegten Zeitpunkten, z.B. nach dem Frühstück, Mittagessen etc.. Manchmal macht man instinktiv eine Denkpause und füllt sie unbewusst mit der Aufnahme von emotionalen Nachrichten aus dem Internet. Stattdessen eignet sich die mentale Unterbrechungen besser zum Durchstöbern von  interessanten Wissensforen wie Spektrum, Knowridge oder Sciencedaily.

Bevor man sich von einer neuen Serie eines Streaming-Dienstes die Gehirnarbeit abnehmen lässt, wäre alternativ eine nützliche Doku gleichzeitig ein unterhaltsames Training für sein Gedächtnis.

Das Gehirn verhält sich wie eine Muskel. Es will gefordert werden, damit es sich immer weiter qualitativ verfeinert und dadurch leistungsstärker wird. Aktive Beschäftigungen sind passiven immer vorzuziehen.

Vielleicht versucht man ein Musikinstrument selbst zu spielen anstatt Musik nur zu hören oder Sport selbst zu treiben nicht nur zusehen. In beiden Fällen stellt es sowohl einen kognitiven als auch psychomotorischen Reiz dar. Weil es andere und unterschiedliche Bereiche fordert, entspannt und trainiert es das Gehirn zugleich.

Durch lesen eines spannenden Buches verbessert sich die Konzentrationsfähigkeit. Zusätzlich wird die Fantasie angeregt, Imagination trainiert und die Wahrnehmung erweitert.

Oder wie wäre das Philosophieren mit Freunden über spannende Themen? Das kann viel Spaß machen, hat eine soziale Komponente und gehört zu den Wohlfühl-Zonen des Lebens.

Mit etwas Zeit, um darüber nachzudenken, findet jeder sicher eine Vielzahl von zusätzlichen Möglichkeiten mehr Qualität in seine persönlichen Gedanken zu bekommen. Dadurch wird man zu einem besseren Menschen!

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