Über viele Jahre hat durch die Globalisierung der Kapitalismus auch in Deutschland gewütet. Die Preise mussten immer wieder an den internationalen Wettbewerb angepasst werden, auch wenn die Produktivität nicht schnell genug verbessert werden konnte.
Defacto gibt es genug arbeitende Menschen, doch ein großer Teil der Arbeitswelt hat sich nicht weiterentwickelt und wundert sich über die ausbleibenden Mitarbeiter. Anstatt sich zu verändern, machen sie sich durch Lobbyismus lautstark bemerkbar, fordern mehr Einwanderung und lassen die Illusion des Fachkräftemangels entstehen.
Gründe
Es wurden Einsparungen bei den Input-Faktoren der Produktion gesucht. Man fand sie vor allem beim großen Kostenblock der Personalkosten. Personal wird bei vielen Managern immer noch als lästiges, aber notwendiges Übel betrachtet. Viele Mitarbeiter sind heute besser qualifiziert als die Manager selbst und stellen mittlerweile nicht nur eine wichtige Unternehmensressource, sondern in vielen Fällen auch einen Teil des Unternehmenswertes dar.
Weil durch Stückelung und Inhaltsreduzierung der Aufgaben der Bezug zum großen Ganzen verloren gegangen ist, sind für viele Jobs Mitarbeiter austauschbar. Als Folge entstehen überqualifizierte, demotivierte Mitarbeiter, die trotz weniger Gehalt lieber zu kleineren Unternehmen oder Startups wechseln wollen. Junge Akademiker vermeiden gleich die enttäuschende Lebensqualität ihrer Eltern und suche sich herausfordernde Aufgaben oder wechseln ins Ausland.
Eine beispielhafte Entwicklung hat es im IT-Bereich gegeben. Es hat geradezu eine Flucht in die Freiberuflichkeit stattgefunden. Als freier Software-Entwickler arbeitet man mit vielen Firmen zusammen und bekommt immer wieder neue Herausforderungen, dass ist spannend und ist arbeiten am Puls der Zeit.
Ausweg Industrie
Weitsichtigkeit, Überzeugungskraft und Durchhaltevermögen von Entscheidungsträgern sind erforderlich, um eine Anpassung menschengerechte Rahmenbedingungen zu schaffen. Es ist ein langer beschwerlicher Weg, die Unternehmensstruktur auf die neuen Anforderungen umzustellen. Kurzfristige Gewinnziele müssen nachhaltigen Erwartungen weichen.
Die Kosten pro Mitarbeiter sind in selbst organisierten Teams zwar durchschnittlich höher. Besonders international tätige Unternehmen schaffen aber eine hohe Funktionsfähigkeit mit deutlich weniger Mitarbeitern. Obwohl das langfristige Überleben einer Company davon abhängt, befinden sich zu wenige und zu langsam auf diesem Weg.
Wurden die Aufgaben in der Vergangenheit granular auf viele kleine Abteilungen oder einzelne Mitarbeiter verteilt, erledigen heute übergeordnete Projekt-Teams komplette Aufgabenbereiche. Was mit der Wandlung von der hierarchischer zu Matrix-Organisation begonnen hatte, wird in fortschrittlichen Betrieben zunehmend von selbst organsierten Teams erledigt. Prozess-Strukturen gehen in Projekte über. Monotone, wiederkehrende Aufgaben werden konsequent automatisiert.
Dadurch können sich Mitarbeiter mit ihrer Arbeit identifizieren und sind motiviert. Sie nehmen ihren persönlichen Wert an der Produktentstehungskette wahr und übernehmen deshalb auch dafür die Verantwortung. Diese Firmen haben eine hohe Mitarbeiterbindung. Die Kommunikation und Koordination von Projektgruppen untereinander verbessert sich wesentlich aufgrund von internen Notwendigkeiten. Arbeitsorte und Zeiten werden unwichtig, wenn die Bedeutung von Projektzielen erkannt wird. Die Produktivität steigt nicht nur aufgrund besserer Abstimmung, sondern aufgrund von engagierten Menschen.
Beispiel Digitalisierung
Der Druck zur Digitalisierung von regelmäßigen Abläufen entsteht aus den Projekten und hat bei einigen Firmen zu komfortabel bedienbaren digitalen Mitarbeiter- Zulieferer- und Kundenschnittstellen geführt, die auf eine gemeinsame Plattform aufgebaut wurden.
Über Ideen wurden nicht nur geredet, sie wurden einfach realisiert. Beispielsweise ein Marketplace für gebrauchte oder reparaturbedürftige Geräte aus dem Produktportfolie des Unternehmens. Mittlerweile erfreut es sich reger Beteiligung und es wurde um unterschiedliche eigene oder fremde Dienstleistungen erweitert. Kunden, die ein gebrauchtes Gerät erwerben möchten, können z.B. eine Generalüberholung mit Garantie buchen. Aufgrund dieser zukünftigen Anforderung an die Produkte wurden sie so entwickelt, dass eine Reparatur weitestgehend automatisiert werden konnte.
In Erinnerung geblieben ist mir auch ein digitaler Innovationsraum, indem Kunden und Zulieferer mit einer Simulation einer zukünftigen Maschine interagieren können. Durch konstruktives Feedback hat sich die letzte Anlage in eine völlig andere Richtung, hin zum Kunden entwickelt und wurde sehr erfolgreich.
Ausweg soziale Berufe, soziale Sicherheit, Lebensmittelherstellung
Wir finden keine Arbeitskräfte in sozialen Berufen wie Pflege, Kinderbetreuung, Hebammen, Sanitäter? Man schaue sich die Arbeitsumstände und Bezahlung an dann stellt man sich nur noch die Frage: wer will unter solchen Bedingungen arbeiten?
Diese Berufe sollten schnellstmöglich akademisch werden, denn sie benötigen viel Knowhow, um gewissenhaft und verantwortungsvoll durchgeführt zu werden. Wie schon bei den Hebammen geschehen, sollte mindestens ein Bachelor-Abschluss erforderlich sein. Dadurch sind die Arbeitgeber genötigt für einen adäquate Rahmen und Entlohnung zu sorgen. Dann lohnt es sich wieder solche Berufe zu erlernen.
Akademische Qualifikation gilt auch für die Lebensmittelherstellung. Die Arbeitgeber würden dadurch veranlasst, prozessuale Aufgaben zu automatisieren. Für die verbleibenden Aufgaben regelt dann der Markt den Rest.
Auch im Bereich sozialer Sicherheit, z.B. gewährleistet durch Polizei, Rettungswesen oder Feuerwehr, könnten sich deutliche Besserungen durch einen Bachelor-Abschluss einstellen.
Polizisten benötigen medizinische Grundkenntnisse, um eine Lage richtig beurteilen zu können, psychologische Kenntnisse, Computer-Knowhow etc.
Die Palette von chemischem Löschmitteln oder chemischen Reaktionen unter thermischen Einflüssen kann bei der Feuerwehr lebensrettend sein.
Konklusion
Anstatt die Illusion des Fachkräftemangels heraufzubeschwören, sollten die Lobbyisten von Industrie, Handel und Sozialem den Druck auf die Politik zu besserer allgemeiner Bildung erhöhen. Es dürfen nicht länger bestimmte soziale Schichten komplett aus der akademischen Bildung fallen um ausgebeutet oder für den Arbeitsmarkt unbedeutend zu werden .
Ein exzellentes gleichbehandelndes Bildungssystem verhindert Ausbeutung, stärkt die Basis-Demokratie und fördert inhaltsreiche motivierende Beschäftigung.
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