Stellen wir uns eine idealisierte Gesellschaft vor, in der nahezu alle erwachsenen Menschen ihre Lebenszeit autonom und eigenverantwortlich ausfüllen können. Sobald es das aktuelle Lebensgeschehen zulässt, beschäftigen sie sich mit motivierenden Aufgaben, die dem Wohle aller dienen.
Es gibt kaum Krankheiten, weil nur gesunde, nährstoffreiche Lebensmittel erzeugt und nachgefragt werden. Es gelangen keinerlei schadhafte Stoffe in die Umwelt, alle haben sauberes Wasser und atmen reine Luft. Menschen leben in komfortablen Domizilen aus biologischen Stoffen umgeben von Natur. Sie schaffen sich ein Heim in dem sie sich wohlfühlen.
Lärmbelästigungen z.B. durch Industrie und Transport sind auf ein Minimum reduziert, nächtliche Lichtquellen werden vermieden und Landwirtschaft wird in Symbiose zur Natur betrieben, deshalb haben sich die Bestände von Pflanzen, wilden Tieren und Insekten erholt.
Bürger gehen respektvoll, aufgeschlossen und vorurteilsfrei miteinander um, sie werden wertgeschätzt. Man sieht keine Probleme sondern nur Herausforderungen, die gemeinsam gelöst werden können.
Wie könnte sich eine Gesellschaft in diese Richtung entwickeln?
Voraussetzungen
Die Fertigkeiten und kognitiven Fähigkeiten von jedem Einzelnen sind das wichtigste Kapital jeder Gesellschaft. Das genannte Szenario ist abhängig von der Art, wie die Mitglieder einer Gesellschaft denken, wie sie komplizierte Zusammenhänge verstehen und bewerten können. Menschen, die verstehen, leben bewusster, gesünder, sind bereit mitzugestalten und lassen sich nicht leicht manipulieren.
Damit sich unsere kognitiven Fähigkeiten an den beschleunigten Wandel und die zunehmende Komplexität unseres Alltags anpassen können, wäre so etwas wie eine hoch individuelle, lebenslange Bildungsbegleitung notwendig.
Hier bietet sich eine moderne digitale Lösung an. Wenn so eine Anwendung sehr unterhaltsam gestaltet ist, macht es aufgrund ihrer spielerischen Form viel Spaß, sie regelmäßig zu benutzen. Das System darf nur belohnen, nicht bestrafen. Jeder kann unsere Welt in seinem eigenen Tempo erforschen und das zu Zeiten, die seinem persönlichen Lebensrhythmus entsprechen.
Die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Bereichen Lernpsychologie, Didaktik, Pädagogik, Soziologie, Neurologie und künstlicher Intelligenz werden schon längere Zeit in geldbringenden Systemen verarbeitet. Es wird immer wichtiger, sie konsequent und mutig in neue Bildungssysteme einfließen zu lassen. Weil wir alle davon profitieren sollten sie jedem zugänglich gemacht werden.
Beispiel: der Verstehens-Trainer
Aus digitalen Abenteuerspielen könnte eine mögliche Variante eines motivierenden technologischen Konzeptes abgeleitet werden.
Man bewegt sich unter der Obhut eines persönlichen digitalen Begleiters mit Hilfe von Brillen der virtuellen oder erweiterten Realität (VR/AR) durch aufregende künstliche Welten. Durch Lösen von praktischen, alters- und leistungsgerechten Aufgaben innerhalb des Spieles dringt man in neue Bereiche vor und begeistert sich vielleicht auch für Neues. Wissen sammelt und vertieft man also ganz nebenbei.
Der digitale persönliche Coach gestaltet die zukünftigen Erlebniswelten und die Schwierigkeitsgrade angepasst an das Lernverhalten und die verstandenen Inhalte seines Schützlings.
Die angereicherten Kenntnisse könnten vielleicht als Qualifikation gesellschaftlich anerkannt werden.
Verstehen für alle
Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von interessanten Lernspielen, die kostenpflichtig und deshalb auf Vermarktung ausgerichtet sind. Für die Vermittlung von speziellem Grundlagenwissen sind sie noch nicht geeignet.
Wenn das gesellschaftliche Ziel „gute Bildung für alle Bürger“ breite Zustimmung erfahren würde, könnten Ressourcen gebündelt werden.
Die Institution Schule würde mit zunehmender Unterstützung durch digitale individuelle Trainer eine völlig neue Bedeutung bekommen. Sie wäre ein Treffpunkt für Lernende aller Altersstufen. Es würden Einrichtungen wie Labore, Werk- oder Sportstätten zur Verfügung zu gestellt. Hier werden z.B. Arbeitsgemeinschaften, Sportveranstaltungen, philosophische Gesprächsrunden organisiert und durchgeführt. Es gäbe vielleicht zahlreiche ruhige Plätze, an die man sich mit seinem digitalen Coach zurückziehen kann.
Der Beruf des Lehrers würde deutlich abwechslungsreicher, aber auch anspruchsvoller. Er würde wieder einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft bekommen.
Schon heute setzen sich unzählige wissenschaftliche Institute, Vereine und Stiftungen für Bildungsförderung und Chancengleichheit ein. Wenn es gelänge alle Beteiligten für gemeinsame, konkrete technologische Umsetzungen zu gewinnen und die Kräfte zu bündeln, dann ließe sich in kleinen, realistischen Schritten ein kostenloser digitaler Wissenstrainer für alle bereitstellen.
Für unsere gemeinsame Zukunft wäre mehr öffentliche Wahrnehmung für so ein Vorhaben wünschenswert.